Archivgut Nachlass

Pia S. NL 261 III

Juli 1869 bis 2010er-Jahre

Weitere Informationen

Einrichtung: Sammlung Frauennachlässe | Wien
Jahr: Juli 1869 bis 2010er-Jahre
Sprache: Deutsch
Beschreibung:
<p><b>Orte: </b>Pressbaum und andere Orte in Niederösterreich, Linz und andere Orte in Oberösterreich, Bad Gastein in Salzburg, Frohnleiten und andere Orte in der Steiermark, Bregenz in Vorarlberg, Wien; Mostar in Bosnien und Herzegowina; Visselhövede und andere Orte in Deutschland; Pula (Pola/Polei), Rijeka (Fiume), Zagreb (Agram) in Kroatien; Celje (Cilli), Velenje (Wöllan) in Slowenien u.a. </p>
<p><b>Quellentypen: </b>Tagebuch (Tagebuchaufzeichnungen zum Ende des 2. Weltkriegs):1 Band; Korrespondenz (Familienkorrespondenz, Freundinnenkorrespondenz, amtliche Korrespondenz, Korrespondenz aus der Emigration, Feldpost aus dem 1. Weltkrieg): 78 Schreiben; 6 amtliche Dokumente; Dokumente zur Schul- und Berufslaufbahn: 8 Schulzeugnisse, 1 Schulheft, 1 Dienstbericht, 1 Pensionierungsschreiben; autobiografische Aufzeichnungen: 1 Text (26 Seiten), 3 Chronologien (insg. 695 Seiten), 2 Erinnerungstexte (insg. 8 Seiten); ca. 500 Fotografien (größtenteils in 3 Fotoalben); Weiteres: Zeichnungen, Stammbäume, Zeitungsausschnitte, Rechnungen, Diner-Menüs, Bildpostkarten, Programmflugblatt, Visitenkarten, Gegenstandverzeichnis, Landkarte, Wochenkarten der Wiener Verkehrsbetriebe, Raucherkarte u.ä.</p>
<p><b>Zum Bestand: </b>Schreiberin: Pia S. (geb. Freiin von der K.); geb. 1872 in K. in Deutschland, gest. 1960 in Linz

Übergeberin: Agnes R. (Patentochter der Tochter von Pia S.), 2019



Pia S. wuchs in einer adeligen Familie in der gleichlautenden Ortschaft K. in Niedersachen auf. Aus ihrer Kindheit ist ein zur Hälfte beschriebenes, undatiertes Schulheft mit dem Titel "Litteratur" erhalten.

Sie war als Hofdame bei Karoline Maria Immakulata Erzherzogin von Österreich (geb. 1869) tätig. Dort lernte sie den Linienschiffsleutnant Karl S. (1862-1938) kennen, der in den 1890er-Jahren den Ehemann der Erzherzogin Karoline, Prinz August Leopold Sachsen-Coburg-Gotha (1867-1922), auf dessen Seeoffiziersprüfung vorbereitet hat. Karl S. kam aus Celje (Cilli), sein Vater war Staatsanwalts-Substitut. Ab dem 15. Lebensjahr besuchte er die Marineakademie in Fiume (Rijeka). Seine Ausbildung ist anhand von 8 Schulzeugnissen (1860er- bis 1880er-Jahre) dokumentiert. Zu seiner Tätigkeit in der k. u. k. Marine ist ein Inspektionsbericht erhalten. Als Mitglied der Marine wurde er auch in den Adelsstand erhoben.

Pia und Karl S. heirateten im Jahr 1900, die drei Töchter Elisabeth, Maria Anna und Erika kamen 1901, 1903 und 1909 zur Welt. Von 1908 bis 1910 lebten die Familie in gehobenen gesellschaftlichen Verhältnissen an der Adria in einer Villa in Fiume (Rijeka) und bis 1914 in Pola (Pula). Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden Pia S. und ihre Töchter als Familienangehörige von Offizieren von der Küste evakuiert. Sie kamen nach Frohnleiten in der Steiermark. Elisabeth und Maria Anna S. besuchten zu der Zeit bereits Internate in Niederösterreich und Wien.

Karl S. war weiterhin in Pola stationiert, wovon u.a. eine Legitimationskarte „zum ungehinderten Verkehr im Bereiche des Kriegshafen Pola“ (1915) erhalten ist. Pia S. hat ihn mehrmals besucht, was u.a. in ihrem Reisepass mit Fotografie von 1916 und Passierscheinen von 1917 dokumentiert ist. 1917 wurde Karl S. Vizeadmiral.

Von der Korrespondenz zwischen Pia und Karl S. und ihren Töchtern in dieser Zeit sind 23 Schreiben erhalten. Die dafür verwendeten Kriegspropagandakarten haben u.a. russische Kriegsgefangene und Schiffe der Kriegsmarine als Motive. Sie wurden aus Wien, Frohnleiten und Pola versandt und beschäftigen sich u.a. mit der Abwicklung des Alltags wie etwa dem Einkochen von Marmelade in der Zeit der Lebensmittelrationierung.

In einem kleinformatigen Schulheft mit dem Titel „Notizen über Karl's Carriere“ hielt Pia S. biografische Informationen zu ihrem Ehemann fest und skizzierte seinen schulischen und beruflichen Werdegang von 1862 bis 1918. Darin eingelegt sind drei Fotografien von Pia S. mit ihrer ältesten Tochter Elisabeth.

Detaillierte Angaben zu den biografischen Informationen zu den Mitgliedern der Familien B., K. und S. enthält ein umfangreicher Text (687 Seiten, A5), den die Nachlassgeberin Agnes R. in den 2000er-Jahren verfasst hat. Die Darstellung umfasst den Zeitraum von den 1850er- bis in die 1980er-Jahren. Darin enthalten sind auch Abschriften bzw. Faksimiles von zahlreichen Selbstzeugnissen, die im Nachlass als Originale vorhanden sind. Die Erzählungen sind durch Personenverzeichnisse und historischen Informationen kontextualisiert. Weitere Informationen zu den Mitgliedern sowie dem Umfeld der Familien S. und K. können zudem mehreren kürzeren mit PC-geschriebene losen Texten entnommen werden.

Karl S. wurde mit Ende des Ersten Weltkriegs pensioniert. Die Familie ließ sich in Marienberg in St. Magdalena bei Linz nieder, wo die mittlere Tochter Maria Anna S. 1922 (vermutlich) an TBC starb. Elisabeth S. verbrachte zwei Jahre in Kairo und trat 1928 in das Karmel-Kloster in Linz ein. Erika S. absolvierte eine Lehrerinnenausbildung in Bregenz. An amtlichen Dokumenten aus dieser Zeit ist u.a. die Bestätigung des Heimatrechts aus 1937 und das Testament von Karl S. erhalten. Nach seinem Tod 1938 lebte Pia S. gemeinsam mit ihrer Tochter Erika S. in St. Magdalena.

Von ihren Korrespondenzen liegen gut 50 Schriftstücke (in deutscher und englischer Sprache) vor, die sie zwischen den 1890er- und 1940er-Jahren von verschiedenen Absender/innen erhalten hat. Einzelne wurden von Erzherzogin Karoline verfasst, zwei aus 1932 vom Marine-Verband, eine Vorladung der Gestapo an Pia und Erika S. aus 1939 wurde ungeöffnet aufbewahrt.

Aus der Zeit von Jänner bis Dezember 1945 liegt ein Tagebuch vor, das Pia S. in ein kleinformatiges Notizbuch eingeschrieben hat. Die täglich geführten Eintragungen sind mit "Das Jahr des Heiles" betitelt. Inhalt sind u.a. das Wetter, tägliche Arbeiten, Besuche und erhaltene Briefe, Angaben zu Bombenalarmen und -abwürfen. "20. [Februar] Dienstag. Alarm, aber G.D. ohne Bomben, - dafür das arme Wien, Erika in Auhof, Kesselwaschen! Da schöner Sonnenschein ging ich zum Pfarrhof, mit Daisy an der Leine, was überraschend gelang. War abends aber todmüde." Ab Ende April 1945 werden die Einträge ausführlicher und beschreiben die aktuelle Situation in Marienberg: "9. [Mai] Mittwoch. Ein bewegter Tag! Die freigewordenen Kz. Strömen fast unausgesetzt in der Gegend herum u. bei P. u. S. werden sie rührend bewirthet, auch hier im Haus geben die Leute viel, aber es ist unheimlich u. auch eine große Belastung, weil Jeder nicht viel übrig hat! […]". Die Einträge der folgenden Monate berichten vor allem über die täglichen Tätigkeiten, die Beschaffung von Lebensmitteln ("Außer den gwöhnlichen Vorräthen gab es Zwetschgen, Eier u. Butter.") sowie die Besatzungssoldaten und deren Einquartierung. Zudem wird über die Erkrankung, Behandlung und den Tod der Hündin Daisy berichtet.

Die erhaltenen losen Fotografien sind 30 Portraitaufnahmen (1900er- bis 1920er- sowie 1960er-Jahre) bzw. Bilder des Wohnhauses in Marienberg. Weitere Motive sind die Enthüllung einer Kriegsgedenktafel in St. Magdalena (1923) oder das Familiengrab. Der größere Teil davon ist im Kontext von Korrespondenzen oder anderer Dokumente aufbewahrt worden.

Drei Fotoalben enthalten ca. 430 Fotografien aus dem Zeitraum von den 1870er- bis in die 1980er-Jahren. Die wohl im Nachhinein zusammengestellten Alben sind jeweils nach Familiennamen organisiert, die Bilder sind mit biografischen Informationen zu den abgebildeten Personen beschriftet und ausführlich gestaltet. Die Fotografien zeigen auf Einzel- bzw. Gruppenportraits die Mitglieder der Familien B.-K., K. und S. sowie Personen aus ihrem jeweiligen Umfeld wie etwa Erzherzogin Karoline. Anlässe waren unter anderem verschiedene Feierlichkeiten wie Hochzeiten, Erstkommunionen, Prozessionen, Begräbnisse oder verschiedene Aktivitäten wie Urlaub, Wandern oder Jagd. Weitere Motive sind Portraitgemälde aus dem 18. Jahrhundert sowie die Häuser der Familien inklusive deren Einrichtung.

Das Fotoalbum "S." enthält neben Portraits auch Fotografien aus der Schulzeit der drei Töchter, Klassenfotografien und Aufnahmen aus ihren späteren Berufsleben, als Elisabeth S. als Gouvernante in Ägypten oder später im Kloster in Linz und Erika S. Sekretärin waren. Alle drei Fotoalben enthalten einzelne Einlagen wie Korrespondenzstücke (1910er- bis 1980er-Jahre), Zeitungsausschnitte und Ausdrucke von Webpages aus den 2010er-Jahren. 21 lose Fotografien sind in einem Kuvert mit der Aufschrift „Überzählige Fotos“ beigelegt.

In einer großformatigen Zeichenmappe wurden Aquarell-, Bleistift- und Tuschezeichnungen verschiedener Familienmitglieder (1890er- bis 1940er-Jahre) gesammelt, darunter ein "Zeichenheft von Pia v. d. K.". Daneben sind hier Fotografien von Portraitgemälden und von den Wohnungen und deren Einrichtung in Fiume und Pola aus den 1900er- und 1910er-Jahren eingeordnet.

Eine weitere Sammlung sind nicht beschriebene Bildpostkarten mit Abbildungen von Menschen und Städten u.a. aus der Balkanregion sowie von Mitgliedern der Familie Habsburg aus den 1900er- bis 1920er-Jahren. An losen Erinnerungsstücken (1890er- bis 1920er-Jahre) sind Diner-Menüs, Programme von Musikabenden, verschiedene Skizzen, Schulpreisurkunden der Schwestern S., ein Gegenstandverzeichnis über den Inhalt einer "erbrochenen Kassette", Erinnerungskärtchen an eine silberne Hochzeit sowie eine Landkarte der Umgebung von Triest aufbewahrt. Aus den 1930er- und 1940er-Jahren sind schließlich Rechnungen und Zeitungsausschnitte zum Tod von Karl S., 2 Wochenkarten der Wiener Verkehrsbetriebe und eine Raucherkarte erhalten.



Eine Lederschatulle mit Fotografien aus den 1880er-Jahren von der S.M. "Greif" sowie mehrere Publikationen zur k. u. k. Marine aus dem Nachlass von Pia und Karl S. wurden an das Kriminalmuseum Scharnstein in Oberösterreich übergeben.</p>
Anmerkung:
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