Archivgut Akte

Nachlass Rothschuh, Elisabeth

in: Nachlass Rothschuh, Elisabeth

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Einrichtung: FFBIZ-Archiv | Berlin
In: Nachlass Rothschuh, Elisabeth
Bestell-Signatur: B Rep. 500 Acc. 400 - 0
Sprache: Nicht einzuordnen
Beschreibung:
Der Nachlass Elisabeth Rothschuh (1893-1987) wurde dem FFBIZ 1988 nahezu komplett von den ErbInnen überlassen. Er umfaßt 34 Archivkartons und einen Überseekoffer, gefüllt mit persönlichen Gegenständen sowie diverses Haushaltsmobiliar und hat eine Laufzeit von 1893 bis 1987.

Die Bearbeitung der umfangreichen Materialien, die von persönlichen Papieren, Schularbeitsheften über Haushaltsbücher, Gedichtsentwürfen, Tagungsvorbereitungen, Materialsammlungen zu diverser Korrespondenz und Fotos reichen, wurde durch das Frauen-Förder-Programm des Berliner Senats ermöglicht. Die Ordnung der Nachlassgeberin wurde weitgehend beibehalten.

Wichtig für die sozialwissenschaftliche und historische Forschung sind besonders die Materialien zur Haushaltsführung großbürgerlicher Familien und Einzelpersonen, zur Ausbildung und Tätigkeit im Fürsorge-Bereich, zur Erwerbsarbeit bei der Berliner Polizei wie auch zu den Aktivitäten der ersten Frauenbewegung und zu Frauenfreundschaften.

Lebenslauf
Elisabeth Rothschuh wurde 1893 als Tochter von Elsbeth Rothschuh, geb. Müller (1859-1921), Hausfrau, und Fritz Rothschuh (1858-1921), Ingenieur und Regierungsbaumeister, in Berlin geboren, wo sie 1987 auch starb.

Durch die Auslandstätigkeit ihres Vaters, einem Miterbauer der Bagdad-Bahn, lebte sie u.a. in Konia (Kleinasien, heutige Türkei) und in New York, besuchte deutsch-, französisch- und englischsprachige Schulen und knüpfte dort zum Teil lebenslang andauernde Freundschaften.

Nach einem Samariter-Kursus im Lette-Haus 1914 betreute sie während und nach dem Ersten Weltkrieg Kinder, die über die Jugendhilfe des Roten Kreuzes zur Erholung nach Dänemark und Schweden verschickt wurden. 1924/25 besuchte sie den 15. Examenskursus der Sozialen Frauenschule der Inneren Mission unter Leitung von Bertha von der Schulenburg (1861-1940). Sie wurde dort zur Wohlfahrtpflegerin in Jugendfürsorge ausgebildet. Arbeitserfahrung sammelte sie während eines Praktikums 1925 im Bezirksamt Schöneberg und 1926 auf einer befristeten Stelle im Bezirksamt Steglitz. Im Juli 1926 trat sie als eine der ersten Beamtinnen in die neugegründete Berliner Polizei ein.
In der weiblichen Kriminalpolizei, die Friederike Wieking (1891-1958) leitete, wurde die wohlfahrtspflegerische Ausbildung Grundlage einer ihr zusagenden Berufstätigkeit: Die Gefährdetenfürsorge für (weibliche) Jugendliche (vgl. auch Fotoarchiv).

Bei der WKP lernte sie auch die Arbeitskollegin und lebenslange Freundin Clara Reichelt kennen. Zeitgleich mit der Tätigkeit in der WKP entwickelte Elisabeth Rothschuh eine rege Verbandsarbeit unter sozialen, religiösen und frauenpolitischen Gesichtspunkten. So wurde sie als Mitglied des Verbands der Evangelischen Wohlfahrtspflegerinnen Deutschlands in der sogen. Sechser-Kommission (die sich erstmalig im Dezember 1928 traf) tätig und übernahm dort den stellvertretenden Vorsitz.
Sie organisierte die Tagung der Fachguppe Weibliche Polizei des Deutschen Verbands der Sozialbeamtinnen, des Vereins katholischer deutscher Sozialbeamtinnen und des Verbands der Evangelischen Wohlfahrtspflegerinnen Deutschlands am 9./10. Mai 1931 in Berlin-Charlottenburg. Sie engagierte sich für die Gründung eines Einheitsverbandes für Polizistinnen in enger Verbundenheit mit den Zielen der ersten Frauenbewegung.
Zum Thema "weibliche Polizei" veröffentlichte sie Vorträge, legte in ihrer Dienststelle das Archiv "Weibliche Polizei" an und sammelte Zeitungsausschnitte und andere Materialien.

Nach einem Ausbildungslehrgang bestand sie 1932 die Prüfung zur Kriminalkommissarin. Trotz langjähriger Betätigung als Dienststellenleiterin blieb sie auf dem Status einer Kriminalbezirks-Sekretärin. Ihre Ernennung zur Kriminalkommissarin und die damit verbundene Gehaltsaufbesserung erfolgte erst 1943.
Nach der Entlassung 1945 war sie bei der Inneren Mission Berlin in der Bezirksstelle Friedrichshain und später in Tempelhof tätig. Sie betrieb intensiv ihre Wiedereinstellung in die Polizei und erreichte diese erst sieben Jahre nach Kriegsende, obwohl sie nicht Mitglied der NSDAP gewesen war. 1953 wurde sie nach kurzer Polizeitätigkeit im Alter von 60 Jahren pensioniert.

Seit dieser Zeit unternahm sie verstärkt Auslandsreisen, fast immer gemeinsam mit ihrer Freundin Clara Reichelt, die nach 1945 als Volksrichterin beschäftigt war. Diese Fernreisen, die sie u.a. auch ins Heilige Land, nach Südostasien, Indien und in die USA führten, waren für zwei ledige, ältere Frauen recht ungewöhnlich zu dieser Zeit und rundeten das Bild von E.R. als einer aktiven und emanzipierten Persönlichkeit ab.

Das Vermögen ihrer Familie sowie ihr eigenes Einkommen ermöglichten ihr den Unterhalt einer großen Wohnung im Bayerischen Viertel (Berlin-Schöneberg), in der sie mehr als 60 Jahre gelebt und gesammelt hat, ohne z.B. durch Umzüge auf Materialien verzichten zu müssen.

Der Nachlass Rothschuh wurde schon für mehrere Fernsehfilme zur Geschichte weiblicher Polizei intensiv genutzt und war Anlaß für die Studien von Ursula Nienhaus: "Nicht für eine Führungsposition geeignet. Josefine Erkens und die Anfänge weiblicher Polizei in Deutschland 1923 -1933" Münster (Westfälisches Dampfboot), 1999. "Himmlers willige Komplizinnen. Weibliche Polizei im Nationalsozialismus 1937-1945", in: Grüttner/ Hachtmann/ Haupt (Hrsg.): Geschichte und Emanzipation. Festschrift für Reinhard Rürup. Frankfurt 1999, S. 458-481.
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