Orte: Hochneukirchen in Niederösterreich, Wien; Bohumín (Oderberg) in Tschechien (Böhmen); unbestimmbare Orte an der Front/Kriegsschauplätze im 2. Weltkrieg Quellentypen: Aufzeichnungen in Buchform: 1 Rechnungsbuch, 4 Haushaltsbücher; Korrespondenz (Feldpost aus dem 1. Weltkrieg und aus dem 2. Weltkrieg, Familienkorrespondenz, amtliche Korrespondenz): 49 Schreiben; 8 Fotografien; Weiteres: Zeitungsausschnitte, Sterbeparten (114 Stück) Zum Bestand: Adressatin/Schreiberin: Anna P. (geb. K.); 1895-1966, geb. und gest. in Wien
Schreiber: Viktor P.; 1896-1968, geb. und gest. in Wien
Übergeberin: Erika P. (Tochter von Anna und Viktor P.), 2001-2016
Die Eltern von Anna P. (geb. K.) und ihrer Schwester Maria W. (geb. K.), Antonia K. (gest. 1933) und Franz Xaver K. (gest. 1913) waren von Tschechien nach Wien migriert. Die Mutter arbeitete als Haushaltshilfe, der Vater als Kutscher. Anna P. arbeitete als Näherin. Seit 1931 war sie mit Viktor P. verheiratet, den sie Anfang der 1920er-Jahre in St. Corona am Wechsel kennen gelernt hatte. Viktor P.s Mutter Elisabeth P. (geb. b., 1864-1942) führte bis kurz vor Ende des Ersten Weltkrieges eine Wäscherei in Simmering. Ihr Ehemann Viktor P. sen. (geb. 1863) war 1905 verstorben. Von ihm ist ein in Kopie vorliegender Brief erhalten, den er 1897 an das Magistratische Bezirksamt Wien 11 „Recurs“ gegen sanitätspolizeiliche Vorgaben für den Wäschereibetrieb geschickt hat. Viktor P. hatte eine Handelsschule besucht, nach dem Ersten Weltkrieg machte er eine Lehre zum Hutmacher. Ab Mitte der 1920er-Jahre arbeitete er als selbständiger Taxifahrer, Anna P. in der Greißlerei der Schwiegermutter. 1932 kam ihre Tochter Erika zur Welt.
Die von Anna P. hinterlassenen Korrespondenzen setzen sich aus verschiedenen Teilen zusammen. Aus 1917 sind das zwei Briefe, in denen Bertl W., die Schwester einer Freundin aus Oderberg (Bohumín) in Böhmen von deren Tod berichtet. Die 12 erhaltenen Feldpostschreiben aus dem Ersten Weltkrieg wurden zwischen Juni 1916 und November 1917 von der Mutter, der Schwester Franziska „Fanny“ P. (verh. K.) und anderen Absendern an ihren späteren Ehemann, Viktor P., adressiert. Er war bei der „Tragtierreserve“ eingezogen.
Von August und September 1935 liegen 13 Schreiben vor, die Anna P. mit ihrem Ehemann gewechselt hat, als sie sich mit dem kleinen Kind auf einem mehrwöchigen Kuraufenthalt in Hochheukirchen in der Buckligen Welt befand. Alexander Waldert, von dem ein im Oktober 1938 an Familie P. gerichteter Brief erhalten ist, dürfte ein Bekannter aus dieser Zeit gewesen sein.
Der Feldpostbestand aus dem Zweiten Weltkrieg umfasst 10 von Anna und Erika P. zwischen März 1943 und Juli 1945 an den Soldaten Viktor P. gerichtete Schreiben. In den drei von ihm vorliegenden Antwortbriefen von September bis Dezember 1944 drückt er deutlich seine Kriegsverdrossenheit aus. Von Anna P.s Neffen Fritz W. sind 4 zwischen Juli 1941 und Dezember 1944 verfasste Feldpostbriefe sowie 8 Fotografien, auf denen er in Uniform abgebildet ist, erhalten.
Die Greißlerei von Elisabeth P. wurde im Zweiten Weltkrieg durch Bomben zerstört. Nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft war Viktor P. als Hutmacher tätig, was durch finanzielle Aufzeichnungen von Juli 1946 bis Juni 1947 dokumentiert ist. Seine verschiedenen weiteren Tätigkeiten sind in einem Rechnungsbuch mit Geschäftsstempeln von „Viktor P. Auto-Taxi-Unternehmung“ belegt, die im Jänner 1938 beginnen. Ab 1947 arbeitete er auch als Lastwagenchauffeur für seinen Cousin, der den Wagen von der UNRRA erhalten hat. 1948 konnte er sich wieder ein eigenes Fahrzeug anschaffen. Ein Überfall auf das Taxi im Dezember 1961 sowie die darauffolgende Gerichtsverhandlung im Juni 1962 sind anhand von insgesamt 24 Zeitungsberichten belegt, die Erika P. unter dem Titel „Papa’s große Heldentaten“ gesammelt hat.
Zwischen April 1950 und Oktober 1968 führte Viktor P. weiters 3 Haushaltsbücher. Parallel geführte Aufzeichnungen über Ausgaben von 1958 bis 1960 hat er in einen Kalender aus 1956 eingetragen. Von November 1968 bis September 1973 führte vermutlich Erika P. das Haushaltsbuch weiter.
Erhalten ist zudem eine Sammlung von 114 Sterbepaten aus dem Zeitraum 1945 bis 2012, die wahrscheinlich von Anna und Viktor P. begonnen und von Erika P. weitergeführt wurde.
Weitere Dokumente der Familie P. sind im Bezirksmuseum Simmering aufbewahrt. |