Orte: Oberhollabrunn in Niederösterreich, Steyr in Oberösterreich, Alt-Aussee und Schladming in der Steiermark, Innsbruck im Tirol, Wien; Würzburg in Deutschland; Bozen (Bolzano) in Italien; Hermannstadt (Sibiu) in Rumänien; Zürich in der Schweiz u.a. Quellentypen: Tagebuch (Männertagebücher): 2 Bände; Aufzeichnungen in Buchform: 2 Poesiealben, 2 Skizzenhefte („Skrapbooks“); Korrespondenz (Familienkorrespondenzen, Paarkorrespondenzen, Freundschaftskorrespondenzen): 113 Schreiben; ca. 60 amtliche Dokumente; Dokumente zur Schullaufbahn: 2 Zeugnisse; autobiografische Aufzeichnungen: verschiedene lose Texte und Dokumente (insgesamt ca. 30 Seiten); Weiteres: Büschel von Haaren, Lederetui, Visitenkarten, Gedrucktes u.a. Zum Bestand: Schreiberin/Adressatin: Agnes H. (geb. von C.); geb. 1845 in Hofolding bei Kempten in Deutschland, gest. 1913 in Wien
Schreiber/Adressat: Gustav H.; geb. 1848 in Brünn (Brno) in Mähren, gest. 1907 in Drosendorf in Niederösterreich
Übergeber.innen: Gunvor S., Friedrich P., Ewald P. und Anneliese T. (Nachfahr:innen von Agnes H.), 1990-2018
Agnes H. (geb. von C.) ist mit fünf Schwestern und vier Brüdern in Hofolding im südlichen Bayern aufgewachsen. Ihre Mutter Josefa Theodolinda von C. (geb. G., 1813-1857) war die Tochter einer Stadtgerichtsadvokatenfamilie aus München, ihr Vater Eduard von C. (1807-1859) kam aus einer Militärsfamilie und war königlicher Revierförster.
Agnes H. und ihre Schwestern besuchten die Klosterschule der Englischen Fräulein in Nymphenburg, wo sie auch untergebracht waren. Als sie zwölf Jahre alt war, verstarb ihre Mutter, zwei Jahre später auch der Vater. 1863 legte Agnes H. vor der „Local-Schul-Commission der königlichen Haupt- und Residenzstadt München“ eine Prüfung ab, die sie befähigte, als Privatlehrerin die französische Sprache zu unterrichten. In den folgenden Jahren arbeitete sie als Lehrerin für Englisch und Französisch sowie als Gouvernante in privaten Haushalten. 1878 heiratete sie in ihrem damaligen Wohnort Steyr in Oberösterreich den Gymnasiallehrer Gustav H..
Er war gebürtig nach Brünn (Brno). Seine Mutter Maria Anna H. (geb. Z., 1819-1901) war die Tochter eines Revierjägers in Schamikowitz (Šem íkovice) bei Hrottowitz (Hrotovice), sein Vater Anton H. (1818-1892) war Maler und Beamter der Mährischen Kreiskasse. Gustav H. hatte Latein und Griechisch an der Universität Wien studiert, als Gymnasiallehrer war er an verschiedenen Schulen angestellt, darunter im Gymnasium in Oberhollabrunn in Niederösterreich und (nebenberuflich) in der privaten Bürgerschule von Leopoldine Holl in Wien.
Zwischen 1880 und 1885 wurden Agnes und Gustav H. Eltern von fünf Töchtern: Berta H. (1880-1946) kam in Wien zur Welt, Olga H. (1882-1967), Mathilde H.-H. (1884-1970, SFN NL 1 I) und die Zwillingsschwestern Carola (Alla) T. (geb. H., 1885-1976) und Maria (Mimi) J. (geb. H., 1885-1970) in Oberhollabrunn, wo die Familie zu der Zeit auch lebte. Agnes H. unterrichtete die Mädchen im Grundschulalter selbst, Gustav H. lebte wegen seiner Anstellung wochentags in Wien. 1895 übersiedelten alle gemeinsam nach Wien. Die Familienwohnung war in der Schönbrunnerstraße in Hietzing, unweit des Schlosses Schönbrunn.
Der schriftliche Nachlass von Agnes H. enthält die Sammlungen verschiedener vereinzelter Schriftstücke: Von ihren Korrespondenzen sind 13 Schreiben erhalten, darunter zwei (undatierte) Briefe ihrer Mutter Josefa von C.. Da sie 1857 verstorben ist, dürfte es sich dabei um die zwei ältesten Dokumente des gesamten Familiennachlasses handeln. Die weiteren Schreiben sind von Gustav H. (September 1878), von „Tante Louise“ (ohne Datum) und von ihren Töchtern (1907 und 1908). Von Agnes H. selbst liegen 3 Postkarten vor, die sie ab 1899 aus Zürich, Schladming und Altaussee an ihre Tochter Mathilde H. gesendet hat.
Ihre (Berufs-)Ausbildung ist durch das Zeugnis der „Local-Schul-Commission der königlichen Haupt- und Residenzstadt München“ aus Mai 1863 und ein mit 1867 datiertes Schulzeugnis des „Erziehungs-Instituts der Englischen Fräulein“ in Nymphenburg für die Schuljahre 1860/61 belegt.
Ihr Poesiealbum enthält eingeklebte Glückwunschkarten, Klebebildchen und Zeichnungen aus der Zeit von 1885 bis 1888 sowie ein Etui aus Leder mit einer eingelegten Haarsträhne.
Dem schriftlichen Nachlass von Agnes H. sind auch Unterlagen ihrer Töchter und ihres Ehemanns zugeordnet: Von Gustav H. sind das zwei Bände von Tagebüchern, die er zwischen Mai 1874 und April 1892 geführt hat. Beide Bücher sind ledergebunden, eines ist zusätzlich mit Metallbeschlägen, einem Schloss und Goldschnitt verziert. Die Einträge sind zumeist kurz und in Stichworten verfasst und enthalten auch einzelne Zeichnungen. Dabei findet sich u.a. der Hinweis auf sogenannte „Koststudenten“, die Gustav H. in seiner Wiener Wohnung aufgenommen hatte, als Agnes H. und die kleinen Töchter noch in Oberhollabrunn gelebt haben.
Von Gustav H.s Korrespondenzen sind 21 Poststücke erhalten, die er zwischen Mai 1873 und Mai 1905 u.a. von Agnes H., den Töchtern sowie von Ferdinand Z., einem Freund der Familie, erhalten hat.
Neben seiner Visitenkarte sind 8 amtliche Dokumente aus der Zeit von September 1907 bis März 1911 vorhanden, die insgesamt in Zusammenhang mit Gustav H.s Tod stehen. Darunter befindet sich u.a. der Entwurf einer Eingabe an das Ministerium für Kultur und Unterricht betreffend die Witwenversorgung von Agnes H..
Die schriftlichen Hinterlassenschaften von Agnes H.s Töchter sind folgende:
Von Berta H. ist neben einer einzelnen an sie adressierten Postkarte aus März 1905 eine Sammlung an amtlichen Dokumenten vorhanden, darunter ihr Heimatschein aus April 1902, eine Streckenkarte mit einer Porträtfotografie aus 1944 und ihre Sterbeurkunde aus Mai 1946. Berta H. hatte als Postbeamtin gearbeitet und dabei die Positionen einer „Telegraphen Ober Offizialin“ und später die eines „Rechnungs-Ober-Revidenten“ erreicht.
Olga H. war Kunstmalerin und arbeitete ebenfalls als Beamtin. Ihr Nachlass enthält 38 Korrespondenzstücke von verschiedenen Absender:innen, die zwischen Mai 1902 und August 1906 an sie adressiert worden sind. Ihre künstlerische Tätigkeit ist durch zwei Schreib- bzw. Skizzenhefte belegt, in denen sie in den 1930er-Jahren wie in „Skrapbooks“ einzelne Notizen bzw. Gedanken festgehalten hat. Olga und Berta H. dürften mit ihrer Mutter Agnes H. einen gemeinsamen Haushalt geführt haben.
Alla T. hatte ebenfalls als „Telegraphen Ober Offizialin“ gearbeitet, bevor sie den Beamten Gustav Teubl heiratete, der ein gemeinsamer Jugendfreund der Schwestern war. Von ihr sind 8 Korrespondenzstücke aus dem langen Zeitraum von 1905 bis 1968 erhalten. Ihre Wohnung war in der Tivoligasse in Meidling.
Mimi J. ist als einzige der Schwestern nicht in Wien geblieben. Sie war Sängerin und u.a. am Kurtheater im bekannten Sommerfrische-Ort Bad Ischl in Oberösterreich engagiert. Im April 1918 heiratete sie den Juristen Hans J. und übersiedelte mit ihm nach Hermannstadt (Sibiu), wo seine Familie eine Fabrik besaß. 1919 und 1921 kamen ihre Töchter Agnes F. (geb. J.) und Dr.in Lieselotte F. (geb. J.) zur Welt. Mimi J.s schriftliche Hinterlassenschaft wurde 2007 in Form von Kopien von ihrer in Deutschland lebenden Enkelin Anneliese T. an die Sammlung Frauennachlässe übergeben. Darunter befinden sich ein Poesiealbum mit Einträgen von 1897 bis 1903, 32 Korrespondenzstücke von 1905 bis 1962 sowie eine Sammlung von ca. 35 Zeitungsausschnitten mit Theaterkritiken für Mimi J. aus 1906 und 1917. Ein kurzer Bericht zur Heirat mit Hans J. und ihre Ankunft in Hermannstadt (1/2 Seite) wurde von dessen Bruder verfasst, eine Lebenserzählung über Mimi J. (4 Seiten) von ihrer Tochter Lieselotte F.. Weiters liegen mehrere verschiedene genealogische Übersichten der Familien von C. und J. im Umfang von ca. 30 Seiten vor. Diese belegen nicht zuletzt das große familienhistorische Interesse von Agnes H.s Nachfahr:innen.
In den Korrespondenzen aller Schwestern sind Schreiben von Ferdinand Z. enthalten. Die – teilweise – sehr umfangreichen Briefwechsel mit Mathilde H.-H. und auch ihrer Tochter Ruthilt L. (geb. H., 1911-1993) sind in deren Nachlässen (NL 1 I und NL 2 I) enthalten. |