Archivgut Nachlass

Maria W. NL 291

1940 bis 1945

Weitere Informationen

Einrichtung: Sammlung Frauennachlässe | Wien
Jahr: 1940 bis 1945
Sprache: Deutsch
Beschreibung:
<p><b>Orte: </b>Gemeinlebarn in Niederösterreich, Westendorf in Tirol, Wien u.a.</p>
<p><b>Quellentypen: </b>Tagebuch (Tagebuch zum Ende des Zweiten Weltkrieges): 5 Bände (als Abschrift); autobiografische Aufzeichnung: Text (33 Seiten) (als Abschrift); 8 Fotografien (als Scan); Weiteres: Partezettel (als Scan)</p>
<p><b>Zum Bestand: </b>Schreiberin: Maria W. (geb. S., verw. V.); 1920-2017, geb. und gest. in Wien

Übergeber: Richard W. (Sohn von Maria W.), 2021



Maria W. (geb. S.) ist in Wien Hernals aufgewachsen. Ihr Vater Anton S. (1888-1944) war Straßenbahner. Sie machte eine Lehre in einem Geschirrgeschäft, das 1938 von den Nationalsozialisten enteignet wurde. Während dem Zweiten Weltkrieg arbeitete sie in einem Rüstungsbetrieb bei der Galvanisierung.

Aus Maria W.s Jugendzeit liegt ein Gruppenbild aus 1933 vor, von ihrem Vater eine Fotografie mit Kollegen in Arbeitsuniform aus 1935, von den Eltern ein Bild als Silberhochzeitspaar im Jahr 1942.

1940 heiratete Maria W. ihren Jugendfreund Franz V. (1919-1942). Drei Fotografien aus 1940 und 1942 zeigen die beiden u.a. als Brautpaar und beim Abschied am Bahnhof 1942. Franz V. starb als Soldat im Dezember 1942, laut Angaben auf der Todesanzeige "an der Ostfront".

Von Jänner bis Dezember 1945 führte Maria W. ein Tagebuch. Im ersten der 5 Notizhefte erklärte sie den Anlass dazu folgendermaßen: "Ich will versuchen, kleine Begebenheiten und vielleicht auch große, die sich in diesem Jahr zutragen, nieder schreiben" (1. Jänner 1945). Ausführlich schilderte sie tägliche Ereignisse, Arbeiten, Besuche von und bei Bekannten sowie die Versorgungssituation in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Eine Schilderung von dem Besuch bei einer Verwandten in Gemeinlebarn im Bezirk St. Pölten in Niederösterreich gibt dabei u.a. einen Einblick in die damaligen Praktiken der Lebensmittelbeschaffung: "Hedi hatte uns von der Bahn abgeholt, daheim bei ihr gab es einen guten Milchkaffee. Das war etwas Seltenes. Wir bekamen ein jeder im Lauf des Tages zusammen 2,6 Kilo Erdäpfel, einen Liter Milch, Kraut, Suppengrün, 2 Zuckerrüben, 4 Birnen. Ich bekam noch 2 Eier und Blumen für Vaters Grab. Und meine Schwiegermutter bei einen Bauern für ein Kinderkleidchen 80 dkg Mehl" (27. Oktober 1945). Die Aufzeichnungen sind als computergeschriebene Abschrift im Umfang von 54 Seiten übergeben worden, die Maria W.s Schwiegertochter angefertigt hat. Ein kurzes „Vorwort“ enthält 4 Fotografien von den Tagebüchern sowie Kontextinformationen, die ihr Sohn Richart W. 2018 zusammengestellt hat. Maria W. hat ihm ihre Tagebücher erst kurz vor ihrem Tod übergeben.

Ab 1946 arbeitete sie in der Österreichischen Staatsdruckerei. Hier war sie zuerst als Hilfskraft angestellt, wechselte dann aber in die Lohnverrechnung, wo sie bis zu ihrer Pensionierung tätig blieb. 1948 heiratete sie Richard W. (1913-1992), 1949 kam ihr Sohn zur Welt.

Im Jahr 2000 übersiedelte Maria W. in ein Senior:innenheim im 9. Wiener Gemeindebezirk. Hier begann sie 2017 im Alter von 94 Jahren damit, einen autobiografischen Text zu verfassen. Die Aufzeichnungen mit dem Titel "Erinnerungen aus der Kindheit" wurden ebenfalls als computergeschriebene Abschrift (33 Seiten) übergeben. Inhalt der Kapitel unterteilten Erzählung sind u.a. Erinnerungen an Spiele, Familienfeiern, Ausflüge in den Tiergarten Schönbrunn oder ins Schwimmbad. Ausführlich berichtet Maria W. auch über ihre Eindrücke eines Aufenthaltes in Tirol zur Erholung im Rahmen der Kinderlandverschickung 1934: "Nur die erste Nacht, die hatte ich lange nicht vergessen, müde und ganz durcheinander durch die neuen Eindrücke fiel ich abends ins Bett, aber ich konnte nicht schlafen. Es war stockfinster, so finster wie ich es noch nie erlebt habe. Bei uns in Wien gab es die Straßenbeleuchtung und beleuchtete Fenster vis à vis. Ich fürchtete mich sehr, meine Zimmernachbarin schlief schon fest. (…) Und es war so still!" Adressiert ist der Text an den Sohn, der darin teilweise auch direkt angesprochen wird. Die Erzählung endet mit Schilderungen der Verhältnisse in der unmittelbaren Nachkriegszeit: "Jetzt ist die Jugendzeit vorbei, auch der Krieg ist vorüber, jetzt ist die zweite Hälfte meines Lebens." In einem Nachsatz findet sich noch ein Kommentar zum Fernsehprogramm in den 2010er-Jahren. </p>
Anmerkung:
Aus Datenschutzgründen werden in diesem Online-Verzeichnis alle Nachnamen abgekürzt angegeben. Die mit den Übergeber/innen der Bestände jeweils vertraglich vereinbarte Verwendung der Namen ist bei der Recherche vor Ort abzuklären.
Gesamten Bestand von Sammlung Frauennachlässe anzeigen

Standort

Sammlung Frauennachlässe
c/o Institut für Geschichte, Universität Wien

Universitätsring 1
1010 Wien
Telefon: +43 (0)1 4277 408 12
Öffnungszeiten
Die Benutzung der Bestände erfolgt nach vorangegangener Terminvereinbarung und Vorlage des Forschungsvorhabens.
Benutzungszeiten, für die ein Termin vereinbart werden kann, sind Mi & Do 11.00 - 17.00 Uhr bzw. auf Anfrage (per Mail oder telefonisch).
Die erste Sichtung der Quellen erfolgt in den Räumlichkeiten der Sammlung Frauennachlässe. Für die spätere Bearbeitung ist eine Aufstellung der Materialien in der Fachbibliothek für Geschichte möglich.

Ich stimme der Nutzung von Google Maps zu.

Ähnliche Einträge