Archivgut Nachlass

Marianne Hainisch NL 280

Juli 1868 bis Mai 1936, 1950er-Jahre bis 2015

Weitere Informationen

Einrichtung: Sammlung Frauennachlässe | Wien
Jahr: Juli 1868 bis Mai 1936, 1950er-Jahre bis 2015
Sprache: Deutsch
Beschreibung:
<p><b>Orte: </b>Aue bei Schottwien und Baden bei Wien in Niederösterreich, Wien; Berlin in Deutschland u.a.</p>
<p><b>Quellentypen: </b>Tagebuch (Frauentagebücher): 48 Bände; Aufzeichnungen in Buchform: 8 Bücherverzeichnisse; 3 amtliche Dokumente; 17 Dokumente zur Berufslaufbahn: Vorträge, Zeitungsartikel, Versammlungs- und Tätigkeitsberichte; 106 Fotografien; autobiografische Aufzeichnungen: 1 Text (veröffentlicht, 4 Seiten), 9 biografische Lexika-Einträge, Festschrift; Dokumentationen von frauenbewegtem bzw. feministischem Engagement; Weiteres: Wahlplakate, Rezept, Sonderbriefmarke, Familienlinien, Zeitungsausschnitte, Karikaturen (alles als Scan)</p>
<p><b>Zum Bestand: </b>Schreiberin: Marianne Hainisch (geb. Perger), geb. 1839 in Baden in Niederösterreich, gest. 1936 in Wien

Übergeberinnen: Cornelia Hainisch und Marianne Hainisch (Urenkelinnen von Marianne Hainsich) und Dr.in Michaela Köngishofer (Historikerin) (2016) sowie Dr. Karl Renner-Museum für Zeitgeschichte Gloggnitz (2021)



Marianne Hainisch (geb. Perger) zählt zu den bekanntesten Repräsentantinnen der Ersten Bürgerlichen Frauenbewegung in Österreich. In der Sammlung Frauennachlässe ist ein umfangreicher Bestand von verschiedenen autobiografischen Dokumenten von ihr verfügbar. Alle diese Quellen liegen ausschließlich als Digitalisate vor, die Originale befinden sich im Familienbesitz oder sind Teil der Bestände anderer Sammlungseinrichtungen. Der Kernbestand des digitalen schriftlichen Nachlasses in der Sammlung Frauennachlässe sind 48 Tagebuchbände, die Marianne Hainisch von Juli 1868 bis Juli 1934 verfasst hat, also über 66 Jahre hinweg, sowie 9 Bände von Bücherverzeichnissen aus dem Zeitraum von Jänner 1870 bis 1895.

Marianne Hainisch war eines von sechs Kindern von Maria Perger (geb. P., 1820-1903) und Josef Perger (1806-1886). Die Familie lebte in Baden und Hirtenberg bei Wien, wo sie ein Hammerwerk und eine Baumwollspinnerei betrieben hat. In den 1850er-Jahren übersiedelte sie nach Wien. Marianne Hainisch erhielt eine für bürgerliche Mädchen zu der Zeit standesgemäße Bildung, u.a. im renommierten Schulinstitut F.. Im Alter von 18 Jahren heiratete sie 1857 Michael Hainisch (1832-1889). Seine Familie führte ebenfalls südlich von Wien einen Spinnereibetrieb. Das Paar übersiedelten nach Aue bei Gloggnitz, 1858 kam Sohn Michael zur Welt, 1860 Tochter Maria. Marianne Hainisch unterrichtete ihre Kinder im Volksschulalter selbst, gemeinsam unternahmen sie zahlreiche Reisen und betrieben u.a. Bergsport.

Im Alter von etwa 30 Jahren begann Marianne Hainisch damit, sich in frauenpolitischen Zusammenhängen zu engagieren. Der Kontext war dabei zunächst der 1866 gegründete Frauen-Erwerbsverein in Wien. Bei dessen Generalversammlung im Jahr 1870 hielt Marianne Hainisch ihren ersten öffentlichen Vortrag "Zur Frage des Frauenunterrichts". Sie setzte sich in Folgenden insbesondere für Bildungsmöglichkeiten für Mädchen ein, u.a. forderte sie deren Zugang zum Gymnasium. Mit privaten Mitteln richtete sie ein sechsklassiges Lyzeum ein, das 1891 Öffentlichkeitsrecht erhielt. 1888 war sie an der Gründung eines Vereins beteiligt, der 1892 das erste Gymnasium für Mädchen auf dem Gebiet des heutigen Österreich eröffnete. Marianne Hainsich war in den darauffolgenden Jahren auch in die Gründung und den Betrieb weiterer Schulen involviert.

1899 reiste sie als gemeinsame Delegierte von mehreren Frauenorganisationen zur Generalversammlung des Internationalen Frauenrates (International Council of Women, ICW) nach London. Im Alter von 63 Jahren gründete Marianne Hainsich 1902 den Bund Österreichischen Frauenvereine als Dachverband der liberal-bürgerlichen Frauenorganisationen. Bis 1918 war sie die Vorständin von diesem Netzwerk. 1919 kandidierte sie als 80-Jährige bei den ersten allgemein zugänglichen demokratischen Wahlen der Nationalversammlung der neu gegründeten Republik Deutschösterreich, 1929 war sie als 90-Jährige in die Gründung der Frauenpartei involviert. Ihr Sohn war von 1920 bis 1928 österreichischer Bundespräsident.

Die Originale der Tagebücher von Marianne Hainisch befinden sich in Privatbesitz. Die in der Sammlung Frauennachlässe vorhandenen Digitalisate sind auf zwei Weisen entstanden: Eine erste Version wurde von der Wiener Historikerin Michaela Königshofer angefertigt. Sie hat im Zuge ihrer Dissertation die Tagebücher erstmals wissenschaftlich erschlossen und ausgewertet. Dazu hat sie von den Originalen Arbeitsfotografien im Umfang von ca. 1.900 Bildern angefertigt. Diese Bilder hat Michaela Königshofer 2016 gemeinsam mit Marianne Hainischs Urenkelinnen Cornelia Hainisch und Marianne Hainisch an die Sammlung Frauennachlässe übergeben. Ihre Dissertation mit dem Titel "'Ein Mädchen sein wird nicht mehr bedeuten ausgeschlossen sein…' Mädchenbildung in den Tagebüchern und Publikationen von Marianne Hainisch (1839-1936)" wurde 2015 an der Universität Wien abgeschlossen.

Eine zweite Version von Digitalisaten der Tagebücher von Marianne Hainisch wurde vom Dr. Karl Renner-Museum für Zeitgeschichte Gloggnitz (im Weiteren: Renner Museum Gloggnitz) in der Form von Scans erstellt. Die zirka 2.000 Bilder sind im Renner Museum Gloggnitz als Bestand "Marianne Hainisch und Dr. Michael Hainisch" archiviert. Kopien davon wurden freundlicherweise 2021 der Sammlung Frauennachlässe zur weiteren Verwendung zur Verfügung gestellt.

Die folgende Beschreibung der Tagebücher von Marianne Hainisch ist auf der Darstellung und Auswertung von Michaela Königshofer aufgebaut. (Die jeweiligen Bezugnahmen sind mit den entsprechenden Seitenangaben aus der Dissertation im Fließtext zitiert.) Den Überlieferungsweg der Originale hat Michaela Königshofer folgendermaßen nachgezeichnet: Die Tagebücher waren nach Marianne Hainischs Tod vom Bund Österreichischer Frauenvereine verwahrt worden, bevor sie 1955 an die Familie zurückgegeben wurden. Enkel Wolfgang Hainisch bewahrte die Tagebücher in seinem Schreibtisch auf, nach seinem Tod übernahmen sie seine Töchter Cornelia und Marianne Hainisch. Zwischenzeitig befanden sich die Tagebücher bei Lydia Perger, einer entfernten Verwandten, bevor sie nach deren Tod 2014 wieder zu den Urenkelinnen kamen (S. 187–188).

Die Inhalte sowie die Materialität der Bücher wurden von Michaela Königshofer ausführlich beschrieben (S. 172–188). Marianne Hainisch wird dabei als "routinierte Tagebuchschreiberin" bezeichnet. "Sie begann als Jugendliche mit ihren diaristischen Notizen und behielt diese Praxis bis zwei Jahre vor ihrem Tod bei" (S 167). Allgemein weisen die Aufzeichnungen eine über die Jahrzehnte hinweg gleichbleibende Form auf: Als junge Frau hatte Marianne Hainisch ihre Tagebuchaufzeichnungen auf losen, in der Hälfte auf die Größe von ca. A6 gefalteten Blättern notiert. Diese Aufzeichnungen sind in der Österreichischen Nationalbibliothek archiviert *) – und nicht Teil des in der Sammlung Frauennachlässe digital verfügbaren Bestandes.

Hier liegen die ab 1868 geführten Aufzeichnungen vor. Für diese Tagebücher verwendete Marianne Hainisch zum allergrößten Teil Schreibhefte im A5-Format mit 40 bis 60 Seiten. (Zwei Ausnahmen sind die Aufzeichnungen von 1929 bis 1931. Diese wurden in einem vorgedruckten Jahreskalender sowie in einem Schreibheft mit blauem Umschlag geführt.) Die hauptsächlich verwendeten Hefte haben jeweils schwarz, braun, beige oder violett marmorierte Umschläge aus Karton. Marianne Hainisch versah diese Umschläge nachträglich mit Etiketten mit Angaben zu den darin dokumentierten Zeiträumen und teilweise auch mit knappen thematischen Hinweisen wie "Marias Vermählung" oder "Kriegszeit".

Der materielle Erhaltungszustand der Bücher ist sehr gut. Zumeist finden sich darin auch einzelne Einlagen wie gepresste Kleeblätter, Postkarten oder Zeitungsausschnitte. Hinweise im Text lassen darauf schließen, dass im Laufe der Zeit weitere Einlagen (wie etwa erwähnte Zeitungausschnitte) auch verloren gegangen sein dürften.

Die einzelnen Bände enthalten durchschnittlich 27 Einträge, in einem Kalenderjahr hat Marianne Hainisch durchschnittlich 19 Einträge verfasst. Geschrieben hat sie mit schwarzer oder blauer Tinte, selten auch mit Bleistift. Sämtliche Aufzeichnungen sind Kurrentschrift geschrieben, die Handschrift hat sich dabei im Laufe der Zeit stark verändert. Fremdwörter sind in lateinischer Schrift gesetzt, mit Ausnahme von 1914 sind die Einträge in vollständigen Sätzen formuliert. Allgemein ist die schwere Lesbarkeit der Handschrift von Marianne Hainisch zu erwähnen. Insbesondere die späteren Einträge sind durchwegs schwierig zu entziffern.

Der Aufbau der Einträge hat sich über die Jahrzehnte kaum geändert. Häufig beginnen sie mit Angaben zur Wetterlage, der Dokumentation von Besuchen oder den getätigten Korrespondenzen, die damit – zumindest indirekt – ebenfalls belegt werden.

Insgesamt umspannen die Tagebücher von Marianne Hainisch ein breites inhaltliches Themenspektrum. Michaela Königshofer hat herausgearbeitet, dass die Aufzeichnungen hauptsächlich eine Erinnerungsfunktion für die Verfasserin gehabt haben dürften. Entsprechende Kommentare lassen den Schluss zu, dass Marianne Hainisch ihre Tagebücher nicht als "geheim" verstanden hat, sie sah sie vielmehr als „Erinnerungshilfe“ an, die sie entsprechend nachträglich selbst wieder gelesen hat. Nachbearbeitet scheint sie die Einträge dabei kaum zu haben, als hochbetagte Dame verwendete sie die Aufzeichnungen vielmehr als Dokumentationsgrundlage für ihre Autobiographie mit dem Titel "Erinnerungen aus meinem Leben".

Als zweite Adressatin der Tagebücher kann Marianne Hainischs Familie gelten, wie es an verschiedenen Stellen auch direkt von ihr formuliert wurde: "Ich lege Zeitungen hier bei, um, wenn ich lange lebe, selbst nachlesen zu können, oder meinen Kindern diese schreckliche Zeit zu vergegenwärtigen." Entsprechend finden sich mitunter auch "Leseanleitungen" wie etwa der Hinweis "1917 Fortsetzung in einem Buch das im August 1916 begonnen wurde" etc. (S. 178).

Eine spezielle Form der Erinnerungspraxis von Marianne Hainisch war das Bezugnehmen auf bestimmte Anlässe wie Geburts- oder Namenstage, Jahreswechsel, Verlobungs-, Hochzeits- oder Todestage. Ein solcher Erinnerungstag war für sie der 12. März. Im Jahr 1870 hatte Marianne Hainisch an diesem Tag ihre erste öffentliche Rede gehalten. Am 12. März 1880 kommentierte sie das etwa mit "ich habe 10 Jahre nicht umsonst gerungen, gearbeitet und gelitten" (S. 187).

Ihre politische Arbeit in der bürgerlichen Frauenbewegung nimmt in den Tagebüchern von Marianne Hainisch einen breiten Raum ein: Ein wiederholter Schreibanlass waren Vereinssitzungen, die sie auch kommentierte. So notierte sie etwa 1875: "Der Frauenerwerb-Verein ist schon wieder daran mir die Hände zu binden." Auch Vortragsveranstaltungen sind dokumentiert: "Ein wunderbarer Vortrag Marianne Webers [...] im Klub." Als Marianne Hainisch 1900 an der Generalversammlung der deutschen Dachorganisation der bürgerlichen Frauenvereine teilnahm, notierte sie dazu: "Die Generalversammlung des Bundes deutscher Frauen Vereine in Dresden bot sehr viel Interessantes und Lehrreiches auch viele Anknüpfungen mit Gleichgesinnten." Auch Konfliktlinien mit Vereinen anderer Flügel der Frauenbewegung sind dokumentiert, so beispielsweise 1920: "Die Frauenhilfskomitees sind auch unmöglich, ich habe den Vorsitz niedergelegt; denn es gelingt unter dieser Regierung nicht die Sozialdemokratinnen zur Einhaltung der Bedingungen zu bringen. Sie sind unfähig, maßen sich aber Leitung an" (S. 181).

Reflexive Kommentare zu ihren Vereinstätigkeiten in der Frauenbewegung sind in den Tagebüchern von Marianne Hainisch hingegen kaum enthalten. Die Bezüge sind zum Großteil schlichte Verweise auf Veranstaltungen und belegen daher weniger die Vor- oder Nachbereitung bzw. das Erarbeiten von Strategien oder Positionen (S. 179). Entsprechend hat die inhaltliche Auswertung für Michaela Königshofer ergeben, dass Marianen Hainisch ihre diaristischen Aufzeichnungen auch nicht dazu verwendet hat, um ihre umfangreichen publizistischen Arbeiten darin vorzubereiten.

Die klar erkennbaren inhaltlichen Gewichtungen waren einerseits wohl Marianne Hainischs persönliche Schreib- und Erinnerungspraxis. Die nicht vollständige Dokumentation bestimmter Inhalte konnten sich andererseits aber auch aus ihrer Arbeitsüberlastung ergeben. Entsprechend rechtfertigte sich die jetzt 81-Jährige beispielsweise sich selbst gegenüber 1920 im Rahmen der Schilderung ihres Engagements bei der Organisation von Erholungsaufenthalten für österreichische Kinder in Schweden für ausgebliebene Niederschriften: "Ich werde bestürmt Kinder unterzubringen. Daher keine Zeit für ein Tagebuch." Häufig wurde der konkrete (Arbeits-)Anlass auch nicht direkt genannt, sondern einfach nur der Umstand angedeutet: „Es drängte mich zu einem erleichternden Wort – aber es fehlten Zeit und Kraft“ (S. 183).

Zu den vielfältigen Angelegenheiten, über die Marianne Hainisch in ihren Tagebüchern insgesamt berichtet hat – wenn sie denn die Zeit dazu fand –, gehörten empfangene und getätigte Besuche, Freizeit- und Reiseerlebnisse wie etwa Fahrten mit der Eisenbahn oder mit Kutschen, Wanderungen und Reisebekanntschaften, Feste und Hochzeitsfeiern etc. Auch tagespolitische Ereignisse wurden beschrieben und kommentiert. Darunter fallen Truppenbewegungen am Beginn des Ersten Weltkrieges ebenso wie der Tod des russischen Revolutionsführers Wladimir Iljitsch Lenin, den sie lakonisch verzeichnete: "Lenin ist gestorben. Viel zu spät für die Menschheit." Gegebenenfalls wurden auch gesellschaftliche Ereignisse erwähnt: "Das Kaiserpaar feiert heute den 25ten Jahrestag seiner Vermählung. 25 Jahre in unglücklicher Ehe verlebt" (S. 180).

Ein durchgängig präsentes Thema in den Tagebüchern war jedenfalls Marianne Hainischs Familie. Nach Michaela Königshofers Berechnung beschäftigte sie sich in rund 40 Prozent der diaristischen Einträge damit (S. 180). Sie führte Notizen über die Gesundheit ihrer Angehörigen, die Schulnoten der Kinder oder die finanzielle Situation des Familienbetriebes. Gerade in Bezug auf familiäre Themen nützte Marianne Hainisch ihre Tagebücher dazu, um auch Sorgen oder Beschwerden festzuhalten, beispielsweise die Ungewissheit über den Verbleib ihrer Enkelsöhne an den Fronten des Ersten Weltkriegs. Dabei verstand sie das Schreiben auch als eine therapeutische Strategie: „Je weniger ich schrieb je mehr litt ich“ (S. 175–176). Bestimmte Themen wie etwa das Zusammenleben mit dem Ehemann Michael Hainisch wurden in den Aufzeichnungen wiederum fast gänzlich ausgespart.

Neben inhaltlichen Gewichtungen bzw. Auslassungen führten Marianne Hainischs wechselnde Schreibgewohnheiten zu gewissen Lücken. Einerseits hat sie nicht immer Tagebuch geschrieben: Aus zehn Jahren sind gar keine und aus sechs Jahren ist jeweils nur ein Eintrag überliefert. Andererseits sind auch einzelne Bände verloren gegangen, was Marianne Hainisch teilweise dezidiert vermerkt hat (S. 182). Zudem konnte es aufgrund ihres offenbar durchaus legeren Umganges mit den Schreiheften zu zeitlichen Überschneidungen und Unterbrechungen der Chronologie in den Dokumentationen kommen: "Bei meinem Wandern habe ich mein Tagebuch nicht immer zur Hand daher in drei Büchern abwechselnd von 914 bis 917 Berichte enthalten" (S. 187).

Zusammengenommen sind die 48 vorliegenden Tagebuchbände, die Marianne Hainisch im Laufe der so langen Zeit geschrieben hat, enorm reichhaltige historische Quellen. Sie belegen sowohl ihre persönlichen Selbstdokumentationspraktiken, als auch ihr Nachdenken, ihre Selbstverortung und ihr politischen Engagement – und nicht zuletzt ihr soziales Umfeld über ganze 66 Jahre hinweg.

Der Bestand "Marianne Hainisch und Dr. Michael Hainisch" im Renner Museum Gloggnitz enthält neben den Scans der Tagebücher von Marianne Hainisch auch noch die Digitalisate weiterer Dokumente von und über sie – die ebenfalls der Sammlung Frauennachlässe zur Verfügung gestellt worden sind. Die gesamte Sammlung wurde vom Renner Museum Gloggnitz im Rahmen der Arbeit an einer Ausstellung zu Marianne Hainisch zusammengestellt. Die Originale der verschiedenen Quellen sind tw. im Besitz des Renner Museums Gloggnitz oder der Familien Hainisch und Burtscher – andere sind Teil der Bestände von weiteren Sammlungen, konkret der Österreichischen Nationalbibliothek, des Pfadfindermuseums und des Instituts für Pfadfindergeschichte Wien. Diese von dritten übernommenen Archivalien liegen entsprechend ausschließlich zur Ansicht vor. Bei einer möglichen Verwendung müssen die Benützungsbedingungen mit der jeweiligen Einrichtung abgeklärt werden.

Die konkrete Zusammensetzung dieser Sammlung ist folgende: Von Marianne Hainisch selbst verfasste Aufzeichnungen liegen – neben den Tagebüchern – auch ihre Verzeichnisse gelesener Literatur vor. Von solchen Notizen sind 9 Bände erhalten, die über den Zeitraum von 1870 bis 1895 geschrieben worden sind. Eingetragen sind darin Lektürenotizen und teilweise Abschriften aus Büchern. Die dazu verwendeten Schreibhefte haben alle das Format A5 und wurden jeweils auf 14 bis 108 beschrieben, die Einträge sind tw. auf Französisch verfasst. Die Bände sind mit "Aufzeichnungen über die Bücher welche ich gelesen" oder "Auszüge aus Werken die ich gelesen" beschriftet und wurden ebenfalls (vermutlich nachträglich) fortlaufend nummeriert. Die Originale befinden sich im Familienbesitz.

Alle weiteren vorhandenen Digitalisate sind von gemischter Provenienz. Unter diesen Quellen befinden sich als amtliche Dokumente der Auszug aus dem Taufregister mit Eintrag zu Marianne Hainischs Geburt von 1839 sowie 1 Ehrenurkunde mit Ernennung zum Ehrenmitglied des Bundes österreichischer Frauen aus 1916 sowie 1 Brief des Wiener Bürgermeisters S. mit der Ernennung zur "Bürger der Stadt Wien" aus 1929.

Des Weiteren vorhanden sind 17 Texte, die Marianne Hainisch im Rahmen ihrer frauenpolitischen Arbeit geschrieben und veröffentlicht hat: Konkret sind das 7 zwischen 1870 und 1913 veröffentlichte Vorträge, 2 Versammlungs- und Tätigkeitsberichte aus 1900 und 1904 (u.a. über die im Sommer 1899 in London stattgefundene Generalversammlung des International Council of Women) sowie 8 Zeitungsartikel von 1902 bis 1918. Unter den Artikeln befindet sich u.a. der Leitartikel der ersten Ausgabe von „Der Bund. Zentralblatt des Bundes österr. Frauenvereine“ aus 1905.

4 zeitgenössische Zeitungsartikel (1896 bis 1926) berichten über Marianne Hainisch und ihr frauenpolitisches Engagement, von der Festschrift zu Marianne Hainischs 70. Geburtstag aus 1909 liegt das Deckblatt vor, von ihrer Kandidatur bei den ersten allgemeinen Wahlen 1919 drei Wahlplakate. Zudem sind 4 misogyne Karikaturen Teil der Sammlung.

Der Bestand von Fotografien umfasst insgesamt 106 Bilder. 13 der Fotografien sind Portraitaufnahmen von Marianne Hainisch, die im Zeitraum von den 1850er- bis in die 1930er-Jahre aufgenommen worden sind. (Die Bilder sind im Original Fotografien, Ölgemälde und Zeichnungen). 4 der Fotografien zeigen sie gemeinsam mit Familienmitgliedern wie u.a. mit ihren drei Urenkelinnen.

Aus Marianne Hainischs Vereinstätigkeiten liegen 3 Fotografien von Versammlungen und Veranstaltungen des Bundes österreichischer Frauenvereine in Wien und Tirol in den 1900er-Jahren vor, 24 Bilder zeigen Marianne Hainisch bei verschiedenen Veranstaltungen zwischen 1926 und 1932. Sie ist dabei u.a. bei einer Radioansprache anlässlich des ersten offiziellen Muttertages in Österreich 1927 zu sehen (dessen Einführung u.a. auf ihr Engagement zurückging) oder bei der Tagung des Internationalen Frauenbundes in Wien im Mai 1930. 7 Bilder wurden 1926 bei einem Muttertagsaufmarsch der Pfadfinder:innen in Wien aufgenommen (deren Ehrenpräsidentin Marianne Hainisch seit 1922 gewesen ist).

8 Bilder in verschiedenen Formaten zeigen Orte bzw. Gebäude aus Marianne Hainischs Leben, darunter ihr Geburtshaus in Baden (gedruckt auf einem Kuvert mit Sondermarke zu ihrem 150. Geburtstag), eine Bildpostkarte des von ihr besuchten Schulinstituts F. in Baden, das Wohnhaus der Familie, den „Marianne-Hainisch-Hof“ in Wien 3 sowie das von ihr gegründete Gymnasium in der Rahlgasse mit den dort angebrachten Gedenktafeln in Wien 7. Vom Zug ihres Begräbnisses (1936) sind schließlich 5 Fotografien vorhanden. Von den medialen Berichten der Beerdigung sind 6 Zeitungsartikel angefügt.

Die Sammlung von (auto)biografische Aufzeichnungen von Marianne Hainisch umfasst einen Text (4 Seiten), der 1964 im Buch "60 Jahre Bund Österreichischer Frauenvereine" erschienen ist. Entsprechend einem Vermerk hatte sie diese Skizze selbst der Ehefrau ihres Enkelsohnes für die Veröffentlichung im Buch "Führende Frauen Europas" (1928) diktiert.

Weiters enthält die Zusammenstellung die Einträge in 9 Personenlexika sowie zwei Zeitungsartikel aus den 2000er und 2010er-Jahren. Das kulinarische Andenken an die bekannte Politikerin in Form der "Marianne-Hainisch-Torte" ist in einem Rezept aus Franz Ruhms "Wiener Küche" festgehalten, 1989 wurde anlässlich von Marianne Hainischs 150. Geburtstag eine Sonderbriefmarke herausgegeben, die ebenfalls Teil der digitalen Sammlung ist.

Die vom Renner Museum Gloggnitz 2014 und 2015 gezeigte Ausstellung zu Marianne Hainisch ist anhand von 57 Fotografien dokumentiert. Diese Bilder zeigen zum Großteil die Präsentationen der in dem Bestand digital vorliegenden historischen Quellen. Die vom Renner Museum Gloggnitz zusammengestellte Sammlung von Digitalisaten bietet ein breites Spektrum von Dokumentationen von und über Marianne Hainisch. Nicht zuletzt belegt sie die engagierte Erinnerungsarbeit des Renner Museum Gloggnitz an Marianne Hainsich.



*) In der Österreichischen Nationalbibliothek liegen Tagebuchnotizen von Marianne Hainisch aus dem Zeitraum von 1855 und 1857 vor. (Sammlung Handschriften, Autographen und Nachlässe der Österreichischen Nationalbibliothek, Teilnachlass Marianne Hainisch, Cod. Ser. n. 35654, Tagebuchaufzeichnungen 1855, 1856, 1857, pag. 307ff.) Einen weiteren Teilnachlass hält die Wienbibliothek im Rathaus.</p>
Anmerkung:
Aus Datenschutzgründen werden in diesem Online-Verzeichnis alle Nachnamen abgekürzt angegeben. Die mit den Übergeber/innen der Bestände jeweils vertraglich vereinbarte Verwendung der Namen ist bei der Recherche vor Ort abzuklären.
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Standort

Sammlung Frauennachlässe
c/o Institut für Geschichte, Universität Wien

Universitätsring 1
1010 Wien
Telefon: +43 (0)1 4277 408 12
Öffnungszeiten
Die Benutzung der Bestände erfolgt nach vorangegangener Terminvereinbarung und Vorlage des Forschungsvorhabens.
Benutzungszeiten, für die ein Termin vereinbart werden kann, sind Mi & Do 11.00 - 17.00 Uhr bzw. auf Anfrage (per Mail oder telefonisch).
Die erste Sichtung der Quellen erfolgt in den Räumlichkeiten der Sammlung Frauennachlässe. Für die spätere Bearbeitung ist eine Aufstellung der Materialien in der Fachbibliothek für Geschichte möglich.

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