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Mobilität und Ordnung : Eine Rechts- und Gesellschaftsgeschichte deutsch-russländischer Eheschließungen von 1875-1926

Verfasst von: Radauer, Lena [weitere]
2020 , Heft: 1 , Band: 31 , 69-86 S.

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Einrichtung: FrauenGenderBibliothek Saar | Saarbrücken
Verfasst von: Radauer, Lena; Röger, Maren
In: Ehe imperial
Ausgabe: 31(2020)1
Jahr: 2020
Heft: 1
Band: 31
Maße: 33976 30509
ZDBID: 1062220-2
Sprache: Nicht einzuordnen
Beschreibung:
Die Autorinnen untersuchen deutsch-russländische Eheschließungen in den Jahren zwischen der Einführung der ausschließlichen Zivilehe im Deutschen Reich (1875) und der Verabschiedung des neuen sowjetischen Familiengesetzbuches (1926). In diesem Zeitraum wurden zwei sehr unterschiedliche Entwicklungen wirkmächtig, die dazu beitrugen, dass die historischen Akteur*innen sich immer häufiger "zwischen den Ordnungen" der beiden Rechtssysteme wiederfanden: auf der einen Seite eine vor allem im Deutschen Reich rigoros vorangetriebene Politik der "Durchstaatlichung", die durch zunehmende Rechtsvereinheitlichung die Manövrierräume der Betroffenen einschränkte, auf der anderen Seite eine stark steigende fernräumliche Mobilität, die durch den Ersten Weltkrieg noch forciert wurde. Heiraten zwischen deutschen und russländischen Partner*innen wurden durch sehr unterschiedliche nationalstaatliche und imperiale Ordnungsprinzipien erschwert. Die Zivilehe sollte die de facto gegebene konfessionelle und sprachliche Heterogenität nicht nur imperial überwölben, sondern perspektivisch einer einheitlichen Nationalkultur unterordnen. Je stärker ethnokulturelle Engführungen das Nationsverständnis imprägnierten, desto stärker wurden eherechtliche Regelungen zur Abschottungspolitik vor allem gegen Osteuropa instrumentalisiert.
Das Russländische Reich ließ interreligiöse Ehen - bei gleichzeitiger Privilegierung der Orthodoxie - zu und konnte sich als 'echtes' Imperium als der deutlich elastischere Part zeigen, wenn es um die Zuerkennung beziehungsweise Beibehaltung von Staatsangehörigkeit im Falle von intermarriages ging. Die Russische Revolution brachte mit der Einführung der Zivilehe einen radikalen Wandel der Institution Ehe, die mit anderen Formen der Kohabitation gleichgestellt wurde. Doch diese neuen rechtlichen Regelungen, die sowohl den Wechsel zwischen Rechtsordnungen für gemischtnationale Paare erleichterten als auch die Geschlechterverhältnisse grundlegend neu definierten, wurden seit den späten 1920er-Jahren in einem Klima der zunehmenden Abschottung gegen das Ausland überlagert, die in gewisser Weise ihre Parallele im antislawischen und antisemitischen Klima der Weimarer Republik fand.
Anmerkung:
Beigaben: Lit.angaben in Anm.
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