Archivgut Nachlass

Gertrud J. NL 175 I

1803 bis 1976

Weitere Informationen

Einrichtung: Sammlung Frauennachlässe | Wien
Jahr: 1803 bis 1976
Sprache: Deutsch
Beschreibung:
<p><b>Orte: </b>Klagenfurt (Celovec) in Kärtnen, Hochkar in Göstling, Kahlenberg, Klosterneuburg, Lunz am See, Oberhollabrunn, Sonntagberg und St. Christophen in Niederösterreich, Linz, Micheldorf und Windischgarsten in Oberösterreich, Glasenbach, Lofer, Rauris und Salzburg-Stadt in Salzburg, Annaberg und Mariazell in der Steiermark, Schruns in Vorarlberg, Wien; Halberstadt und München in Deutschland; Pula (Pola, Polei) in Kroatien (Jugoslawien); Lago Maggiore und Pisa in Italien; Ascona und Vierwaldstättersee in der Schweiz; Granada, Salamanca und Segovia in Spanien; Bratislava (Pressburg) in der Solowakei; Brno (Brünn), České Budějovice (Budweis) und Plzeň (Pilsen) in Tschechien (Tschechoslowakei); Anatolien in der Türkei; Budapest in Ungarn; Orte an der Front/Kriegsschauplätze im 1. Weltkrieg: Albiolo, Mala Pécé und andere Orte in Italien u.a. </p>
<p><b>Quellentypen: </b>Aufzeichnungen in Buchform: 5 Rechnungsbücher, 1 Kassabuch, 2 Poesiealben, 1 Heft mit Gedichten; Korrespondenz (Familienkorrespondenz, Freundschaftskorrespondenz, geschäftliche und amtliche Korrespondenz, Post aus Internierungslagern nach dem 2. Weltkrieg): insgesamt ca. 260 Schreiben; ca. 240 amtliche Dokumente, darunter u.a. 40 Testamente; Dokumente zur Schul- und Berufslaufbahn: 14 Schulzeugnisse, 33 Arbeitszeugnisse und Dienstunterlagen, 125 Pensionsbelege; autobiografische Aufzeichnungen in Gedichtform (5 Seiten); ca. 1.070 Fotografien (tw. auf losen Kartonblättern aus Fotoalben); Weiteres: Zeichnungen (u.a. Modeentwürfe), 1 Sparbuch, Straßenbahnfahrscheine, ca. 380 Sammelbildchen und Glückwunschkarten, NS-Propagandamaterial u.a</p>
<p><b>Zum Bestand: </b>Schreiberin/Adressatin: Gertrud J.; geb. 1902 in Wien, gest. 1982 in St. Pölten in Niederösterreich

Übergeberin: Gerlinde V. (Bekannte von Gertrud J.), 2011



Gertrud (genannt u.a. Trude oder Gertrude) J. wuchs in einer Wiener Beamtenfamilie auf. Ihre Mutter Hermine J. (geb. U., 1867-1945) führte den Haushalt, ihr Vater Theodor Heinrich J. (1859-1918) war k.k. Rechnungsrat. Die beiden älteren Brüder Karl und Ing. Theodor J. (1865-1938) änderten jeweils (vermutlich kurz nach dem Ersten Weltkrieg) ihre Nachnamen auf „J.“. Nach Abschluss der Handelsschule hatte Gertrud J. verschiedene Sekretariats-Stellen inne, bevor sie eine Ausbildung zur Kindergärtnerin absolvierte und zeitweise im Kinderspielheim Strandbad Klosterneuburg arbeitete. 1938 bis 1939 war sie im Stab des Reichskommissars für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich im Büro des SA-Brigadeführers Paul Faßbach angestellt. Während ihres „Entnazifizierungsverfahrens“ war sie von Dezember 1945 bis Mai 1947 im US-amerikanisch geführten "Camp Marcus W. Orr" ("Glasenbach") in Salzburg interniert. Später arbeitete Gertrud J. wieder als Büroangestellte sowie als Puppenspielerin und lebte in St. Christophen in Niederösterreich.

Ihren schriftlichen Nachlass hat Gertrude J. in verschieden gestalteten Ordnungen hinterlassen, die weitestgehend beibehalten wurden. Enthalten sind darin zahlreiche amtliche Dokumente von ihr selbst sowie von Angehörigen ihrer Familie, u.a. ca. 35 1940 ausgestellte Abschriften von Tauf- und Trauscheinen. Ihre Ausbildung ist anhand von Volks- und der Bürgerschulzeugnisse von 1909 bis 1916 belegt. Dienstzeugnisse, maschinschriftliche Lebensläufe und Schreiben ihrer DienstgeberInnen, darunter der Deutschen Kreditanstalt, der Wienerberger Ziegelfabriks- und Baugesellschaft, der „Deutschen Arbeitsfront München-Ost“ und der Baugesellschaft Smereker u Co, liegen von 1924 bis 1958 vor. Separat abgelegt sind 15 Dokumente zur Internierung in Glasenbach, darunter drei Impfzeugnisse für Typhus und Fleckfieber aus dem Polizeigefangenenhaus Roßauerlände, ein Arbeitszeugnis, Zeugnisse für den Besuch eines Englisch- und eines Heilmassagekurses sowie für die Mitwirkung im „Camp Theater“ und die Entlassungspapiere von Mai 1947. Ein ablehnendes Schreiben der Österreichischen Nationalbank zu finanziellen Fragen aus der Internierungszeit ist mit Oktober 1951 datiert. Über die Zeit der Internierung ist zudem ein gereimter autobiografischer Text (4,5 Seiten) erhalten, dessen AutorInnenschaft nicht klar zugeordnet werden kann. Beigefügt ist der halbseitige Text des „Glasenbacher Lagermarsch v. Emil Schmid-Aigen“.

Die erhaltenen Korrespondenzen von Gertrud J. umfassen ca. 300 Schreiben. Im Nachlass ihres Bruders Theo J. (NL 175 II) sind ca. 40 Briefe, Postkarten und ein Telegramm erhalten, die sie zwischen Juli 1916 und September 1922 an ihn gerichtet hat, als er (u.a.) als Soldat in den Dolomiten stationiert war. Die kleine Schwester „Trudl“ bedankt sich darin etwa für Taschengeld, das er ihr geschickt hat und berichtet von ihren Zukunftsplänen. Der Großteil dieser Schreiben sind in die Mappe chronologisch eingeheftet, 30 sind als Feldpost in der Zeit des Ersten Weltkrieg verfasst worden. Vereinzelte liegen die Antworten des Bruders als Durschläge vor.

Ca. weitere 260 Schreiben wurden an Gertrud J. adressiert. Aus den 1920er und 1930er Jahren liegen 97 Schreiben von Familienmitgliedern, Freundinnen und Bekannten an und von Gertrud J. vor, einzelne Schreiben sind Berufskorrespondenz. Absendeorte sind u.a. Budapest, Wien, Klagenfurt (Celovec) und Schruns. Die ca. 60 Schreiben, die Gertrud J. aus Glasenbach aufbewahrt hat, sind teilweise mit dem Vermerk „Military Censorship Civil Mails“ gestempelt. Die meisten Briefe aus dieser Zeit wurden von Freundinnen, u.a. von Valerie T., verfasst, erhalten sind auch einzelne Briefentwürfe von Gertrud J. selbst. Etwa 30 weitere, bei der Lager-Korrespondenz aufbewahrte Schreiben an sie in Wien reichen bis März 1950. Eine Sammlung von ca. 50 beschriebenen Postkarten und Ansichtskarten (August 1908 bis Juni 1976) ist z.T. geordnet nach Bundesländern und mit Papierbanderolen gebündelt, in mehreren Kuverts sind weiters 125 Zahlungsbelege und Korrespondenzstücke zu Gertrude Jerzabeks Pensionsauszahlungen (1960er und 1970er Jahre) sowie etwa 40 verschiedene Arztbefunde aufbewahrt.

Der Schwarzweiß-Fotografiebestand enthält etwa 1.060 Bilder, die in verschiedenen Schachteln, Kuverts und Kisten abgelegt sind. Die Motive von 1886 bis in die 1950er Jahre reichen von Einzel- und Familienporträts über Schnappschüsse, Ausflugs- und Urlaubsszenen bis zu Stadt- und Landschaftsaufnahmen. Etwa 130 zumeist Porträtbilder aus der Zeit um 1900 sind in einer Näh-Kiste mit rotem, stark abgenützten Samtüberzug abgelegt. Weitere ca. 175 Fotografien sind auf ca. 90 losen Kartonblättern von zerschnittenen Fotoalben aufgeklebt. Darunter befinden sich mit der Beschriftung „Anatolien“ Aufnahmen von Mitgliedern der Familie J. bei Kamelritten und Kutschenfahrten (1910er Jahre), Landschaftsaufnahmen, Aufnahmen des Familienwohnhauses (1909 bis 1914), einzelne Fotografien von Kriegsschauplätzen in Mala Pécé und Albiolo im Ersten Weltkrieg (1916), beschriftet mit „Hochgebirgskompanie“, sowie Aufnahmen von Ausflügen in den 1920er Jahren. Fotografien aus der NS-Zeit zeigen Gertrud J. im Mantel im Café oder mit geliehener Soldaten-Uniformkappe, zwei davon sind rückseitig mit "Vorzimmerbernhardiner" beschriftet.

Die verschiedenen Konvolute gedruckter (Sammel)Bilder enthalten undatierte Serien wie die "Lieblinge des Films" oder "Die Schönheit im Wandel der Zeiten", aus NS-Zeit die Serie "Raubstaat England" und zahlreiche weitere Propagandafotografien und -broschüren sowie ein Konvolut von etwa 65 unbeschriebenen Glückwunschkarten und Geschenkanhängern von den 1950er bis in die 1980er Jahre.

Weitere Dokumente sind ein „Vereins-Cassa-Buch“ (Franz S., 1898), ein Sparbuch, ein Heft mit philosophischen Gedichten, eine Sammlung an Straßenbahnfahrscheinen, eine Mappe mit Modeentwürfen und lose Zeichnungen sowie verschiedene andere handschriftliche Aufzeichnungen.

Neben den Gertrud J. zuordenbaren Dokumenten sind auch zahlreiche Schriftstücke von den Eltern Hermine und Theodor J., der Tante und dem Onkel Rosa und Franz S. sowie von Mitgliedern der verwandten Familie U. und H. vorhanden. Konkret ist das ein Bündel von ca. 40 handschriftlichen Testamenten und Briefen aus dem 19. Jahrhundert, datiert ab 1803, zum Teil mit Siegeln oder Bändern versehen, einige Schulzeugnisse aus den 1870er- und 1880er Jahren, einzelne militärische Belobigungen und berufliche Dokumente von Theodor Heinrich J. sowie Unterlagen zum Tod und Begräbnis von Hermine J. von 1945.

Das frühere der beiden Poesiealben (1870er- und 1880er Jahre) mit Einträgen zahlreicher Freundinnen und Freunde ist vermutlich Hermine J. zuzuordnen. Einträge von längeren Texten mit Bleistift wurden vermutlich von Gertrud J. zu einem späteren Zeitpunkt eingeschrieben. Das zweite Poesiealbum mit 7 Einträgen aus den 1910er Jahren gehörte vermutlich Theodor J., ihrem Bruder.

Die Dokumente von Rosa und Franz S. sind in einem entsprechend beschrifteten Paketkuvert gesammelt. Dieses enthält 20 amtlichen Dokumente, ein Mitgliedsheft und das „Zahlungsbüchel“ der Brandschaden Versicherungs-Anstalt, ein Rechnungsbuch von 1922, ca. 20 Formulare für Wechsel von Kriegsanleihen der Anglo-oesterreichischen Bank von 1919 sowie drei Bündeln von österreichischen Kriegs- und Staatsanleihen, u.a. von 1922.

In welchem Zusammenhang die 5 Rechnungsbücher des "Handelsvertreters" Gustav T. aus Wien IX. in den Nachlass von Gertrud J. gekommen sind, konnte bislang nicht geklärt werden. Eine Verbindung zu ihrer Korrespondenzpartnerin Valerie T. ist möglich.



Die Dokumente im Nachlass von Gertrud J. liegen zum Teil erst in einer groben Ordnung vor. Die Zahlenangaben zu den Korrespondenzen und dem Fotografiebestand sind teilweise geschätzt. Puppentheaterfiguren, Geschäftsunterlagen zum Puppenspielbetrieb wie Kassabücher, Skripten von Theaterstücken etc. sowie Bücher, ein Koffer und Geschirr aus dem Nachlass von Gertrud J. sind im Museum Region Neulengbach archiviert.</p>
Anmerkung:
Aus Datenschutzgründen werden in diesem Online-Verzeichnis alle Nachnamen abgekürzt angegeben. Die mit den Übergeber/innen der Bestände jeweils vertraglich vereinbarte Verwendung der Namen ist bei der Recherche vor Ort abzuklären.
Gesamten Bestand von Sammlung Frauennachlässe anzeigen

Standort

Sammlung Frauennachlässe
c/o Institut für Geschichte, Universität Wien

Universitätsring 1
1010 Wien
Telefon: +43 (0)1 4277 408 12
Öffnungszeiten
Die Benutzung der Bestände erfolgt nach vorangegangener Terminvereinbarung und Vorlage des Forschungsvorhabens.
Benutzungszeiten, für die ein Termin vereinbart werden kann, sind Mi & Do 11.00 - 17.00 Uhr bzw. auf Anfrage (per Mail oder telefonisch).
Die erste Sichtung der Quellen erfolgt in den Räumlichkeiten der Sammlung Frauennachlässe. Für die spätere Bearbeitung ist eine Aufstellung der Materialien in der Fachbibliothek für Geschichte möglich.

Ich stimme der Nutzung von Google Maps zu.

Ähnliche Einträge