Orte: Irnfritz, Reingers, Scheiblingkirchen und Wiener Neustadt in Niederösterreich; Orte an der Front/ Kriegsschauplätze im 2. Weltkrieg: Hörsching in Oberösterreich, Hinter-Theene in Deutschland, Ostrów Wielkopolski (Ostrowo) in Polen, unbestimmbare Orte in der Sowjetunion, Kroměříž (Kremsier) in Tschechien ("Reichsprotektorat Böhmen und Mähren") u.a. Quellentypen: Tagebuch (Tagebuchaufzeichnungen zum Ende des 2. Weltkriegs): 1 Band; Korrespondenz (Feldpost aus dem 2. Weltkrieg, Korrespondenz aus dem RAD, Freundschaftskorrespondenz, Freundinnenkorrespondenz; Familienkorrespondenz): 145 Schreiben; 42 amtliche Dokumente und Dokumente zur Schullaufbahn; autobiografische Aufzeichnungen: Text (42 Seiten); ca. 380 Fotografien (tw. 1 Fotoalbum, tw. in 1 Leporello); Weiteres: Abzeichen, Besteck, Propagandaheftchen, Kunstpostkarten, Bilddruck Zum Bestand: Schreiberin/Adressatin: Franzsika G.; 1921-2017, geb. und gest. in Scheiblingkirchen in Niederösterreich
Übergeberin: Franziska G., 2002-2009
Franzsika G. wuchs auf einem kleinen Bauernhof in Scheiblingkirchen im südlichen Niederösterreich auf, ihr Vater war Holzarbeiter. Nach der Hauptschule in Pitten besuchte sie eine einjährige klösterliche Haushaltungsschule in Wiener Neustadt und einen Kurs in Kurzschrift (1935). Mit 15 Jahren nahm sie eine Stelle als Dienstmädchen bei einer Familie in Wiener Neustadt an, wo sie über 5 Jahre lang blieb.
Im Herbst 1942 wurde sie zum Reichsarbeitsdienst (RAD) einberufen, den sie in einem Arbeitsdienstlager in Irnfritz im niederösterreichischen Waldviertel ableistete. Aus der Einschätzung fehlender beruflicher Perspektiven heraus meldete sie sich freiwillig zur Verlängerung des RAD. Mit dem Dienstrang Jungführerin war sie im so genannten „Reichsprotektorat Böhmen-Mähren“ und an verschiedenen Orten in Österreich (u.a. Reingers im nördlichen Waldviertel) stationiert und besuchte eine Lagerschule in Vorpommern. Von November 1944 bis Kriegsende versah Franziska G. „Horchdienst“ im Mühlviertel. Im November 1945 kehrte sie zu ihren Eltern zurück. Sie übernahm Heimarbeit als Strickerin, später war sie als Arbeiterin in einer Grafit-Schmelztiegelfabrik sowie in einer Großwäscherei in Wiener Neustadt beschäftigt.
Der schriftliche Vorlass von Franziska G. setzt sich aus verschiedenen Teilen zusammen. Der Feldpostbestand umfasst 46 Schreiben von Februar 1941 bis Dezember 1944. Ein Teil davon wurde von Franziska Grasels Brüdern Fritz und Hermann G. geschrieben, die meisten sind hingegen von verschiedenen Absendern von zumeist unbestimmbaren Orten (z.B. „Russland“) an Franziska G. adressiert worden. Von den Brüdern liegen auch 7 Fotografien aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs vor, von Hermann G. sind zudem 14 zwischen September 1983 und September 1989 verfasste Urlaubspostkarten vorhanden.
Aus der Korrespondenz von Franziska G. mit Kolleginnen und Freundinnen aus dem RAD und von Freundinnen im Flak-(Fliegerabwehrkanonen)-Dienst sind 78 Schreiben erhalten, die während und nach den gemeinsamen Einsätzen von September 1943 bis April 1948 geschrieben wurden. Ihr Aufenthalt in Reingers ist anhand einer von Franziska G. angefertigten, 6-seitigen Abschrift kollektiver, scherzhafter Erinnerungen in Reimen dokumentiert.
Darüber hinaus sind als verschiedene Gegenstände aus der Zeit des RAD 7 Dienstabzeichen, eine Garnitur Besteck und gut 30 Propagandaheftchen des Winterhilfswerks übergeben worden. Aus den Wochen unmittelbar nach dem Kriegsende (26. April bis 9 Mai 1945) sind 19-seitige tagebuchähnliche Aufzeichnungen von Franziska G. vorhanden.
In den im Sommer 2002 angefertigten, handschriftlichen autobiografischen Aufzeichnungen im Umfang von 36 Seiten beschreibt Franziska G. kurz ihre Kinder- und Jugendzeit und anschließend ausführlich ihre Erinnerungen an die RAD-Zeit.
Im März 2003 hat Franziska G. ein Fotoalbum zusammengestellt. Darin aufgenommen hat sie neben 316 Fotografien von sich und Kolleginnen des RAD auch Aufnahmen einzelner der Orte aus späteren Jahren, Kunstpostkarten, kommentierte Fotografien von Familienangehörigen sowie einzelne Postkarten von RAD-Kolleginnen. 30 Fotos zeigen ihre Brüder als Soldaten. An losen Fotografien sind drei Bilder von Franziska Grasels Vater Franz G. als Soldat im Ersten Weltkrieg (1 Bild in einem Lazarett in Praha/Prag aus 1916) vorhanden, sowie eine Aufnahme von ihm bei der Holzarbeit aus 1931, zwei Fotografien von Erstkommunionsgruppen 1927 und 1933 sowie zwei Fotografien aus dem Kindergarten in Warth beim „Theaterspiel“ aus 1931.
Die Herkunft bzw. der Kontext von 8 Fotografien von Flak-Helferinnen aus dem Zweiten Weltkrieg sind bisher nicht geklärt. Die Bilder sind in einem Leporello aus Kunststoff aufbewahrt worden.
Von Franziska G. und verschiedenen ihrer Familienangehörigen liegen zudem insgesamt 42 zwischen Dezember 1906 und Oktober 1972 ausgestellte amtliche Dokumente und Dokumente zur Schullaufbahn vor.
Autobiografische Texte von Franziska G. sind Teil des Bestandes der Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen. |