Hochschulschrift

Sexuelle Orientierungsmythen : Die Etabliertheit des klassischen Konzeptes der sexuellen Orientierung mit seinen stereotypen Kategorien Hetero-, Bi- und Homosexualität in der Sexualwissenschaft

Verfasst von: Rimml, Mario
2017

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Einrichtung: GenderOpen
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Verfasst von: Rimml, Mario
Jahr: 2017
Sprache: Deutsch
Beschreibung:
Das klassische Konzept einer sexuellen Orientierung mit seinen stereotypen Kategorien Hetero-, Bi- und Homosexualität ist, beginnend in der Mitte des 19. Jahrhunderts, erstmals in der westlichen Welt aufgetreten und inzwischen zu einer häufigen Selbstidentifikation avanciert. Im Bereich der Wissenschaft wurde und wird das Konzept der sexuellen Orientierung intensiv von den unterschiedlichen Wissenschaftsrichtungen beforscht und in seiner klassischen, essentialistischen Form falsifiziert. Durch einen Erweiterungsprozess über den Geschlechterdualismus hinaus wird aktuell in der Sexualwissenschaft ein „Rettungsversuch“ des Konzeptes unternommen. Zum Konzept der sexuellen Orientierung kann eine Vielzahl an mythisch anmutenden, pseudowissenschaftlichen Annahmen, die vom Wissenschaftsbereich durch mediale Sensationalisierung in den öffentlichen Diskurs eingebracht wurden, beobachtet werden. In der vorliegenden Forschungs-arbeit wird die Frage der Etabliertheit der stereotypen Begriffstrias aus hetero-, bi- und homosexuellen Begrifflichkeiten zur sexuellen Orientierung innerhalb des sexualwissen-schaftlichen Diskurses erörtert. Dies geschieht mittels einer Worthäufigkeitsanalyse in publizierten Fachartikeln von 2005 bis 2014 in der „Zeitschrift für Sexualforschung“. In 63,4 % aller Fachartikel (Fachartikelanzahl: N=238) aus dem analysierten Publikations-zeitraum konnten die stereotypen Begrifflichkeiten gefunden werden (Begriffsfunde: N=2926), in 21,6 % ≥ 10 Mal pro Fachartikel. Dabei zeigt sich eine klare Präferenz für homosexuelle Begrifflichkeiten mit 66 % gegenüber den heterosexuellen mit 18 %, den bisexuellen mit 12 % und den Oberbegriffen (sexuelle Orientierung und sexuelle Identität) mit lediglich 4 % der Suchbegriffsfunde. Einige dieser Suchbegriffe weisen signifi-kante Korrelationen zu thematischen Schlüsselbegriffen auf, die ebenfalls im Datenpool gefunden werden konnten. Zum Beispiel korreliert der Suchbegriff „schwul“ sehr signifikant mit dem Schlüsselbegriff „AIDS“, wodurch eine wortassoziative Verknüpfung bei-der Begriffe begünstigt wird, was Infektionsmythen befördert. Ähnlich verhält es sich mit Schlüsselbegriffen zum Thema Fortpflanzung, wo Fortpflanzungsmythen durch ent-sprechende korrelative wortassoziative Begriffsverknüpfungen forciert werden. Angesichts der vorliegenden falsifizierenden wissenschaftlichen Befundlage zum Konzept einer sexuellen Orientierung überrascht seine immer noch vorhandene Etabliertheit im Wissenschaftsbereich.The classical concept of sexual orientation with its stereotypical categories of heterosexuality, bisexuality, and homosexuality first appeared in Western thought in the mid- 19th century and has since been widely appropriated as a basis for self-identification. The concept of sexual orientation has been studied intensively by various branches of science, which have proven it to be false in its classical, essentialist form. In a last-ditch “rescue attempt”, sexology is currently attempting to extend this concept beyond gender dualism. The concept of sexual orientation is associated with a variety of seemingly mythical, pseudo-scientific assumptions that have been lifted from scientific work into public discourse by media sensationalism. In this research paper, we examine the pre- valence of terminology associated with the three sexual orientation stereotypes of heterosexuality, bisexuality, and homosexuality within sexological discourse. We conduct a word frequency analysis of scientific articles published between 2005 and 2014 in the “Zeitschrift für Sexualforschung”. Over this publication period, 63.4% of all articles (total number of articles: N=238) included instances of this stereotypical terminology (term matches: N=2926), and 21.6% of all articles mentioned these terms ≥ 10 times. There was a clear preference for terminology associated with homosexuality, which scored 66% compared to 18% for heterosexuality and 12% for bisexuality, whereas the superordinate terms (sexual orientation and sexual identity) only represented 4% of the search query results. Significant correlation was found between some of these search terms and topical keywords chosen from the data pool. For example, the term “schwul” (“gay”) exhibited very significant correlation with the keyword “AIDS”, which encourages word-associative connections between these two terms, aggravating infection-rela- ted myths. Similar relationships were found for keywords relating to reproduction, exacerbating reproduction-related myths by forcing word-associative correlations and links between concepts. Despite the scientific research invalidating the concept of sexual orientation, it remains surprisingly prevalent throughout science.
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