Archivgut Nachlass

Erna Frieda W. NL 96

März 1936 bis Dezember 1951

Weitere Informationen

Einrichtung: Sammlung Frauennachlässe | Wien
Jahr: März 1936 bis Dezember 1951
Sprache: Deutsch
Beschreibung:
<p><b>Orte: </b>Goldegg in Salzburg; Freiburg im Breisgau, Mühlheim an der Ruhr, Rastatt, Schwetzingen bei Heidelberg, Tiengen, Todtmoos im Schwarzwald und Waldshut in Deutschland; Istanbul in der Türkei; Orte an der Front/Kriegsschauplätze im 2. Weltkrieg: Gaggenau in Deutschland, unbestimmbare Orte an der Front u.a.</p>
<p><b>Quellentypen: </b>Korrespondenz (Paarkorrespondenz, Feldpost aus dem 2. Weltkrieg, Familienkorrespondenz): ca. 2.450 Schreiben; 1 amtliches Dokument; autobiografische Aufzeichnungen: 4 Texte (insgesamt 49 Seiten); 2 Fotografien (Porträts)</p>
<p><b>Zum Bestand: </b>Schreiberin/Adressatin: Erna Frieda W. (geb. R.); geb. 1914 in Mülheim an der Ruhr in Nordrhein-Westfalen in Deutschland, gest. 2001 in Bad Leonfelden in Oberösterreich

Schreiber/Adressat: Karl-Ludwig W.; geb. 1911 in Schwetzingen bei Heidelberg in Baden-Württemberg in Deutschland, gest. 1996 vermutlich in Waldshut in Baden-Württemberg in Deutschland

Übergeberin: Dr.in Veronika M. (Tochter von Erna Frieda und Karl-Ludwig W.), 2008



Die sehr umfangreiche Korrespondenz von Erna Frieda W. (geb. R.) und Karl-Ludwig W. umfasst 2.214 Schriftstücke, die sich das Paar von März 1936 bis September 1950 gegenseitig geschrieben hat. Dokumentiert sind darin die Zeit des Kennenlernens und der höflich-distanzierten Kommunikation „per Sie“, die lange Trennung während des Zweiten Weltkriegs, in der sich das Paar 1943 verlobte und 1944 heiratete, die Kriegsgefangenenschaft von Karl-Ludwig W. bis Ende 1948 sowie die erste Zeit in Waldshut am Hochrhein, wo die Familie seit Ende der 1940er-Jahre lebte. Die Paarkorrespondenz setzt sich zum Großteil aus – oft mehrseitigen – Briefen zusammen; ein kleiner Teil sind Postkarten. Erna Frieda W. hat ihre Schreiben zumeist mit (Variationen von) „Mein lieber Karl-Ludwig!“ oder „Liebster!“ begonnen und mit „Deine Erna“ unterschrieben; zahlreiche ihrer Briefe sind mit Maschine getippt. Karl Ludwig Weitzels Anreden steigerten sich von März bis November 1936 von „Sehr werte Frl. R.“ auf „Sehr verehrte Frl. R.“; ab September 1937 verwendet „Dein Karl Ludwig“ (ähnlich wie die Angesprochene) hauptsächlich „Meine liebe Erna!“. Die Korrespondenz wurde von Dr.in Veronika M. (geb. W.), der 1952 geborenen Tochter des Paares, in eine chronologische Ordnung gebracht und in Ordnermappen der Sammlung Frauennachlässe als Leihgabe zur Verfügung gestellt. Von ihr wurden auch ein 7-seitiger Text mit biografischen Angaben und zwei (undatierte) Porträtfotografien des Paares übergeben.

Erna Frieda W. wurde im November 1914 in Mühlheim an der Ruhr geboren. Sie war das einzige Kind von Änni und Heinrich R., der zu der Zeit als Soldat im Ersten Weltkrieg eingerückt war. Sie wuchs im großen Verband der bürgerlich gut situierten Familie väterlicherseits auf und war eine erfolgreiche Schülerin; dennoch sprach sich der Vater gegen den Besuch eines Gymnasiums aus. Aus Juni 1930 liegt ein gebundenes Heft mit 32-seitigen „Kindheitserinnerungen“ vor, die Erna Frieda W. möglicherweise als Schulaufgabe verfasst hat, worauf Ausbesserungen mit Bleistift hinweisen. Hier beschreibt sie Episoden aus ihrer Kindheit, die jeweils auch mit Szenenbildern illustriert sind. Im Juni 1930 beschrieb sie in ähnlicher Form auf 17 Seiten „Unsere Rheinwanderung“. Nach der Realschule nahm Erna Frieda W. zuerst den Posten einer „Haustochter“ am Diemelsee an der Hessischen Grenze an, wo sie schwere Hausarbeiten verrichten musste, dann wurde sie Krankenschwesternschülerin in einem Spital der Diakonissen, wo ihre Tante Käthe W. Stationsschwester war. Im Zuge dieser Ausbildung wurde die offene TBC erkannt, an der Erna Frieda W. bereits seit ihrer Kindheit litt. Sie kam zur Erholung in den heilklimatischen Kurort Todtmoos im Schwarzwald, wo sie bald ein Zimmer im Benediktinerinnern-Kloster St. Lioba in Freiburg im Breisgau bezog. Aus dieser Zeit liegt ein Personalausweis von Erna Frieda W. vor. Als 21-Jährige konvertierte sie zum katholischen Glauben. Über zwei Jugendfreunde, die in Freiburg im Br. an der katholischen Fakultät studierten, lernte sie um 1936 deren Studienkollegen Karl-Ludwig W. kennen. Sie selbst besuchte als Gasthörerin Kunst-, Literatur- und theologische Vorlesungen an der Freiburger Universität. Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs verbrachte sie mit einer Pariser Familie einige Wochen als Erzieherin an der Atlantikküste.

Karl-Ludwig W. wurde 1911 als ältester Sohn eines höheren Finanzbeamten in Schwetzingen bei Heidelberg geboren. Nach dem Abitur 1929 trat er als Priesteramts-Kanditat in die Albert-Ludwig-Universität in Freiburg ein. 1932 wechselte er zu den Lehramtsfächern Fächern Klassische Philologie, Geschichte und Philosophie und wurde Universitätsassistent. Diese bisherige Laufbahn beschreibt er selbst in einem eineinhalbseitigen Text, der als Kopie vorliegt. Mit Kriegsausbruch wurde Karl-Ludwig W. als Unteroffizier zur Wehrmacht eingezogen. Seine erste Position war Schreiber in Gaggenau in Baden-Württemberg. Im Folgenden war das junge Paar darauf angewiesen, hauptsächlich per Brief zu kommunizieren. Sie tauschten sich dabei äußerst regelmäßig über alltägliche Erlebnisse und Begebenheiten in ihrer jeweiligen Kriegssituation aus, über christliche Themen und versuchten, die Trennung voneinander zu verarbeiten. Ein zentrales Thema der Briefe ist zudem Erna Weitzels Gesundheit.

1942 kam sie über den Katholischen Frauenbund, in dem sie sich auch engagierte, als Betreuerin von fünf adeligen Kindern nach Goldegg im Salzburger Pongau, wo sie zwei Jahre in wohlhabender Gesellschaft auf einem ländlichen Gutshof verbrachte. Diese Zeit war – nach Formulierung ihrer Tochter Veronika M. – „wohl wundervoll. Sie hatte Kontakt zum Ort und Regimegegnern, Martin, ein Nachbar spielte Harfe, man las, stickte, lernte italienisch.“ 1943 verlobten sich Erna Frieda und Karl-Ludwig in der Hauskapelle des Anwesens, 1944 wurde im Freiburger Münster geheiratet, wovon eine gedruckte Hochzeitseinladung vorliegt.

Während sich Karl-Ludwig W. bis Dezember 1948 in sowjetischer Kriegsgefangenenschaft befand, verbrachte Erna Frieda W. noch zwei Jahre in Goldegg. Nach einer Nierenoperation lebte sie weitere zwei Jahre bei den Eltern in Nordrhein-Westfalen, wo sie als Sekretärin arbeitete. In einem Brief an den abwesenden Ehemann wird im Juni 1949 die geplante Familiengründung angesprochen: „Liebster! O, bin ich ein Faultierchen! Statt zu schreiben, habe ich wieder geschlafen. Und gestern, nach dem Ausflug zur Ärztin, war ich wirklich zu müde, um zu schreiben. (…) Die Ärztin war zufrieden und meinte: ‚Sie werden schon noch Ihre Babies kriegen!‘ Und da sie ja eine Frau ist, wagte ich auch einiges zu fragen, was für uns beide zu wissen wichtig ist. Ich sags Dir, wenn Du bei mir bist.“

1949 zog das Paar nach Waldshut im Südwesten Baden-Württembergs an der Schweizer Grenze, wo Karl Ludwig W. eine Stelle als Lateinlehrer an einem Gymnasium angenommen hatte. Erna Frieda W. hatte drei Fehlgeburten, ehe ihr viertes Kind überlebte. Ein weiterer Sohn starb unmittelbar nach der Geburt. Ab 1956 verbrachte die Familie die Sommerurlaube bis 1972 regelmäßig in Goldegg. Erna Frieda W. war als Religionslehrerin an der Realschule in Waldshut tätig, wo sie auch den Katholischen Frauenbund mitbegründete.

Neben den Paarkorrespondenzen liegen – bisher in einer groben Ordnung – verschiedene Familienkorrespondenzen von Erna Frieda und Karl-Ludwig W. vor. Für die Seite der Familie W. sind das 88 von Erna Frieda W. zwischen Februar 1940 und Jänner 1946 an die Familie von Karl-Ludwig W. gesendete Briefe, ca. 50 Schreiben (Mai 1939 bis August 1949) der Eltern Rosa und Eduard W. an Karl-Ludwig „Karlemann“ und Erna W. sowie eine Sammlung von ca. 100 Schreiben (April 1935 bis August 1949), die die Konzertpianistin Erika Bröde-W. (geb. W., 1914-2006) an ihren älteren Bruder Karl-Ludwig W. und später auch an die Schwägerin gerichtet hat.

Von Seiten der Familie R. sind das ca. 50 Briefe, die Käthe W. (geb. 1901) mit ihrer Nichte Erna W. und deren Mann Karl-Ludwig zwischen Juni 1943 und Dezember 1951 aus Istanbul gewechselt hat (mehrere Schreiben an Käthe W. sind als unzustellbar zurückgesandt worden und daher auch im Bestand). Käthe W. war als Diakonisse in Kettwig an der Ruhr und im Deutschen Krankenhaus in Istanbul in der Krankenpflege tätig.</p>
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